Dr. Ingo Dahm, CEO und Co-founder der capacura GmbH

Heike Drexel: Hallo und herzlich willkommen, Ingo Dahm. Ich freue mich sehr auf unser heutiges Gespräch, denn ich finde es mega spannend, was ihr macht. Ihr seid Frühphaseninvestoren. Mit eurer Firma Capacura investiert ihr in Startups mit Impact. Ingo, du hast einmal in einem Interview gesagt, dass Startup Investitionen als sogenannte Clubgeschäfte gelten. Das heißt, nur eine exklusive Gruppe von wohlhabenden Menschen, mit sehr viel Geld, können in Startups investieren. Und euer Ziel ist es stattdessen den Markt für Startup Investitionen zu demokratisieren. Wie erreicht ihr das?

 

DAS ZIEL VON CAPACURA

Ingo Dahm: Das ist absolut richtig. Das ist ein Ziel, was wir uns gesetzt haben, weil wir es für sehr nützlich halten. Und auch fair und gerecht, wenn mehr Menschen an der Zukunftsgestaltung, an der positiven Zukunftsgestaltung teilhaben können. Wie erreicht man das? Dass es natürlich eine ausgedehnte und lange Frage, auf die ich auch wirklich abendfüllend antworten könnte.

 

Heike Drexel: Wir haben Zeit.

 

Ingo Dahm: Also ich fange erstmal damit an, warum ist das Startup Geschäft eigentlich so ein Clubgeschäft, von dem du gerade gesprochen hast? Das beginnt zunächst erst mal damit, dass das sogenannte GmbH-Gesetz und die meisten jungen Unternehmen, die sind GmbHs, sieht also vor, dass man als Gesellschafter, also jemand, dem ein Unternehmen zum Teil gehört, bestimmte Mitspracherechte hat. Und diese Mitspracherechte, die muss man auch ausüben können und dazu muss man zum Beispiel zu einer sogenannten Gesellschafterversammlung eingeladen werden. Und dann ist es sehr schwierig, wenn man bei so einer Gesellschafterversammlung nicht zwei oder drei, sondern 20 oder sogar 200 Gesellschafter dabei hätte. Das ist genau der Grund, warum GmbHs nur eine überschaubare Anzahl von Gesellschaftern zulassen. Und wenn ich jetzt einen bestimmten Kapitalbedarf habe, von zum Beispiel 200, 300, 400.000 Euro, dann ist völlig klar: Wenn ich nur zwei, drei Leute zulassen möchte, dann müssen die relativ große Summen investieren können. Und das ist eine Herausforderung, weil eben nicht viele Menschen in der Lage sind, 100.000 Euro in ein einziges Unternehmen zu investieren. Die nächste Herausforderung ist, dass Startups eine gewisse Chance haben, auch zu scheitern. Und das bedeutet, dass wenn man vernünftig investieren möchte, dass man sich ein sogenanntes Portfolio, also eine Gruppe von Investitionsobjekten zurechtlegen sollte. Und wenn ich also in zehn, zwölf Unternehmen investieren möchte, um ein Risiko zu streuen, dann brauche ich also ein Kapital von eins bis 1,2 Millionen Euro. Und damit ist schon völlig klar, das darf auf gar keinen Fall mein gesamtes Vermögen sein, sondern es kann auch nur ein Teil meines Vermögens sein. Und es wird immer klarer, es sind nur ausgewählte, wenige Menschen, die in der Vergangenheit in Startups hätten investieren können. Und diese Menschen, die haben andere Lebenswirklichkeiten als der Durchschnittsdeutsche oder die die Durchschnittsdeutsche. Wenn ich also so ein Vermögen habe, dann bin ich zum Beispiel typischerweise privat versichert, also privat krankenversichert. Und wenn ich privat krankenversichert bin, dann ist es in der Regel gar kein Problem, zum Chefarzt einer Uniklinik zu gehen und zu sagen: Schau mal hier, ich habe hier private Krankenversicherung, ich brauche hier einen MRT-Termin. Und jemand der das nicht hat, der wartet unter Umständen drei Monate auf einen MRT-Termin und kriegt den dann natürlich nicht vom Chefarzt, sondern von irgendjemand anders. Und das sind große Unterschiede, die wir haben. Und für den einen ist das Thema: Naja, MRT-Termin organisieren überhaupt kein Problem und er versteht auch nicht, dass man dazu vielleicht ein Startup bräuchte, um dieses Problem zu lösen. Und für den anderen ist das ein so großes Problem, dass er sofort versteht: Das ist eine großartige Lösung. Und genau das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass bestimmte Geschäftsmodelle gefördert worden sind und andere nicht. Und deshalb möchten wir das verändern. Jetzt hast du die Frage gestellt: Wie kann man denn so was verändern? Und da gibt es verschiedene Ansätze, verschiedene Möglichkeiten. Und unser Ansatz ist der, dass wir eine Gruppe von vermögenden Menschen um uns versammelt haben, die als Investoren bereit sind, gemeinsam einen bestimmten höheren Betrag in Unternehmen zu investieren. Und damit dem Unternehmen zunächst erstmal ihren Kapitalbedarf stillen, also 100.000, 200.000, 300.000 Euro. Und dann bieten wir kleinen Investoren und kleinen Investorinnen die Möglichkeit an zu sagen: Oh, dieses Unternehmen ist total spannend für mich, da möchte ich auch investieren. Und wenn man 1000, 2000, 3000, gern auch mehr, Euro investieren möchte, dann kann man das tun. Aber man ist dann nicht an diesem Unternehmen direkt beteiligt, also nicht als Gesellschafterin, sondern man bekommt ein sogenanntes Genussrecht. Das bedeutet, wir stellen als Capacura GmbH den Investor, die Investorin so wirtschaftlich, wie sie stehen würde, wenn sie zu gleichen Konditionen Geschäftsanteile erworben hätte. Das bedeutet, wir gehen zu den Gesellschafterversammlung des Unternehmens, wir üben die Stimmrechte aus und wenn es zu Zahlungen an uns kommt, dann geben wir dieses Geld an die Investorinnen und Investoren einfach weiter. Das heißt also, wenn du, Heike, 100.000 Euro nicht investieren kannst, aber durchaus 5.000 Euro interessant findest und wir haben schon 100.000 Euro in ein bestimmtes Unternehmen investiert, dann würden wir dich zum Beispiel so stellen, wenn du 5.000 Euro an uns gibst, dass du 5 Prozent aller künftigen Auszahlungen an uns erhältst. Man sagt dazu, du wirst pro Rata so gestellt. Also prozentual so gestellt, als hättest du zu gleichen Konditionen investiert wie wir. So funktioniert unser Geschäft.

 

EXPERTISE UND KI IM UNTERNEHMENS

 

Heike Drexel: Das hört sich für mich sehr danach an, dass man natürlich ein großes Vertrauen euch entgegenbringen sollte. Dass ihr diese Expertise habt, um eben diese Unternehmen, die Startups zu beurteilen, dass die dann auch tatsächlich diese Rendite erwirtschaften können. Ich hatte jetzt auch gelesen, dass ihr diese Beurteilung der Startups mithilfe von künstlicher Intelligenz vollzieht. Ist das richtig?

 

Ingo Dahm: Das sind ja zwei Fragen. Die erste ist, dass man großes Vertrauen braucht. Und das zweite ist die nach der künstlichen Intelligenz. Ich würde zunächst erstmal gerne die mit dem Vertrauen zu beantworten. Investieren hat immer etwas mit Vertrauen zu tun und auch das war ein Thema, was uns bei der Konstruktion des Geschäftsmodells von Capacura total beschäftigt hat. Wie bekommt man es hin, dass Menschen uns mehr vertrauen als anderen Investitionsplattformen? Und man kommt auf ein Problem, was wissenschaftlich auch erforscht ist, das heißt: Prinzipal Agenten Problem. Und das bedeutet, dass es häufig so ist, dass die Verkäuferin von einer bestimmten Sache eine andere Interessenslage hat als der Käufer von dieser Sache. Also, wenn ich eine Aktie kaufe, muss ich mir klar sein, im gleichen Moment verkauft einer diese Aktie. Das heißt, die Interessenslage ist häufig genau entgegen gerichtet. Oder wenn ich einen Marktplatz mir vorstelle, wo ich in ein Unternehmen investieren könnte, dann profitiert dieser Marktplatz für jede einzelne Transaktion, egal wie gut oder schlecht sie ist. Und genau das wollten wir bei Capacura vermeiden. Und deshalb haben wir gesagt, wir investieren in Unternehmen zuerst das eigene Geld, also das von uns, von unseren Investoren und Investoren, die mit uns gemeinsam Capacura gegründet haben. Und erst dann ermöglichen wir anderen Menschen, mit uns mit zu investieren und das soll einen gewissen Vertrauensvorsprung geben, den andere so nicht geben können. Die zweite Frage, die du gestellt hast, ist die nach der künstlichen Intelligenz. Ehrlich gesagt, ist die künstliche Intelligenz nicht unbedingt eine Möglichkeit, um viel bessere oder schlauere Entscheidungen zu treffen. Wenn wir sie damit treffen, ist es gut, sie ist aber vor allen Dingen eine Möglichkeit, Kosten zu sparen. Denn in der Frühphase, wenn es darum geht Startups sehr genau zu analysieren, entstehen ungefähr die gleichen Kosten wie auch in einer späteren Phase, aber die Summen, die man investiert, sind ungleich kleiner. Das heißt also, wenn ich zum Beispiel zehn Personentage investiere, um herauszufinden, ist das Startup geeignet oder nicht geeignet und ich jetzt einen Tagessatz von zum Beispiel 1.000 Euro zugrunde lege, dann habe ich ja 10.000 Euro Prüfkosten. Und wenn ich am Ende vielleicht 100.000 Euro investiere, dann habe ich ja schon mal 10-Prozent Prüfkosten. Nur unter der Voraussetzung, dass diese Prüfung auf gar keinen Fall fehlschlägt und ich das nächste Startup mir anschauen muss. Und diese Kosten möglichst stark nach unten zu bringen, das ist die Aufgabe der künstlichen Intelligenz, die hilft uns eine Vorsortierung zu treffen. Und das schafft sie innerhalb von nicht zehn Tagen, sondern 39 Sekunden.

 

ERFOLGSKRITERIEN FÜR EIN STARTUP

 

Heike Drexel: 39 Sekunden, Wahnsinn. Auf was für Faktoren greift ihr denn da zurück? Also was fließt da alles ein in die Bewertung? Welche Faktoren sind besonders wichtig?

 

Ingo Dahm: Wir haben fünf Erfolgskriterien für Startups ausfindig gemacht. Da gibt es einen amerikanischen Starinvestor Bill Gross, der hat in einem legendären TED-Talk mal darüber berichtet. Das Thema hat mich total inspiriert und dann haben wir geprüft: Sind diese fünf Erfolgskriterien wirklich Erfolgskriterien? Er hat das an ungefähr, ich glaube, 120 Unternehmen ausfindig gemacht und wir haben es mit ungefähr 100.000 Unternehmen geprüft. Diese fünf Erfolgskriterien sind: Die Idee, also ist das eine durchschlagende, innovative, tolle Neuigkeit. Zum Beispiel, ein wirklich gute Idee wäre ein Medikament, was geeignet ist, um Brustkrebs zu heilen oder vielleicht sogar zu vermeiden. Also eine Art Impfung gegen Brustkrebs wäre eine großartige Idee. Dass ist das Timing, also auch andere Impfstoffe, wie zum Beispiel die Coronaimpfung, die zum richtigen Zeitpunkt auf den Markt gebracht, ist das eine super gute Möglichkeit, Geld zu verdienen. Zum falschen Zeitpunkt auf den Markt gebracht-, also heute kann man mit diesen Impfstoffen wahrscheinlich wesentlich weniger verdienen als vor zwei Jahren. Und ein ähnliches Beispiel dafür wären diese Gesichtsmasken, die wir jetzt auch alle aus der Covidsituation heraus kennen. Also das Timing ist super wichtig. Dann das Team, also wie sehen die Gründenden aus? Also was haben die für Lebensläufe? Was haben die für Erfahrungen? Was bringen sie mit für Netzwerke und so weiter. Der dritte wichtige Aspekt ist das Geschäftsmodell. Ist es ein Geschäftsmodell, wo man eine Dienstleistung an Geschäftskunden verkauft? Ist es eine Dienstleistung für Privatkunden? Ist es ein wiederkehrender oder ein einmaliger Umsatz und so weiter und so weiter. Ist er werbefinanziert? Wer profitiert, wie, wovon? Das ist das Geschäftsmodell und dieses Geschäftsmodell, das muss nicht nur stimmig sein und korrekt, sondern vor allem es muss funktionieren. Und das ist nicht ganz einfach, weil man es auf den ersten Blick häufig gar nicht erkennen kann. Es scheint plausibel, heißt aber noch lange nicht, dass es funktioniert. Und der fünfte Punkt, das ist der Zugang zu Kapital. Unternehmen sind dann erfolgreich, wenn sie guten Zugang zu Kapital haben. Und Zugang zu Kapital bedeutet auch, dass sie unter Umständen weniger Kosten haben, weil sie Knowhow im Unternehmen haben, was ihnen hilft, Kosten zu vermeiden. Zum Beispiel, weil sie bestimmte Fehler nicht eingehen, weil sie durch bestimmte Zugänge zu einem Markt, zu einem Netzwerk einfach schneller sind als andere. Und dazu sagt man auch Smart Capital, also der Zugang zu Knowhow Trägern, zu Netzwerken, zu Erfahrung. Und dass ist das, was wir als Investoren auch noch mal mitbringen können, dass wir einfach uns anders aufstellen als andere, weil wir sagen: Die Startup Unternehmen, die zu uns kommen, die profitieren nicht nur von Geld, sondern auch von unserem geballten Knowhow.

 

DAS KNOWHOW VON CAPACURA

 

Heike Drexel: Das führt mich natürlich sofort zu der Frage, wie euer Knowhow sich zusammensetzt? So, was ist denn so eigentlich dein Background? Wo kommst du her? Wo kommt deine Frau her? Weil ihr habt ihr zusammen gegründet, wenn ich das richtig gelesen habe. Und ihr habt ja inzwischen auch schon ein ganz ordentliches Team hier zusammen. Kannst du uns da noch ein bisschen dazu erzählen?

 

Ingo Dahm: Also das ist so, dass wir Capacura gegründet haben, aus einer Situation heraus, dass wir sagten: Wir wollen schon, eigentlich sehr lange, nachhaltige Unternehmen fördern. Aber es fehlte zum einen der Anlass und zum anderen auch ein bisschen Kapital. Und da haben wir unseren, inzwischen Freund und Geschäftspartner Thomas Dräger kennengelernt und der hatte eine ganz ähnliche Idee. Er sagte: Ich würde gerne nicht nur in Bildung, sondern auch im Gesundheitswesen investieren. Das ist ein toller Markt, da habe ich eigenes Knowhow. Und hat auch noch Kapital mitgebracht und gemeinsam haben wir dann die Capacura gegründet. Und ja, der Erfahrungshintergrund von allen Menschen, die hier bei Capacura arbeiten, ist sehr unterschiedlich. Wir versuchen Leute hier einzustellen, die ganz unterschiedliche Lebens- und Erfahrungshintergründe haben. Also diese Vielfalt, die ist für uns ein Stück auch Erfolgsmodell für das, was wir erreichen wollen. Dadurch entsteht auch viel Reibung im Unternehmen, jeden Tag, aber es ist eben auch so, dass mehr Gedankenexperimente, mehr Ideen einfach auch zugelassen sind. Was uns aber von vielen anderen unterscheidet, ist, dass viele von uns haben im Bereich von Bildung und Ausbildung schon gearbeitet. Und wir sagen immer, dass die Entwicklung von jungen Unternehmen, ist oft die Entwicklung der Gründerteams. Also, wenn eine Gründerin oder ein Gründer etwas dazulernt, bei einem Team, was vielleicht aus nur drei Leuten besteht, dann entwickelt sich dadurch das Unternehmen auch direkt weiter. Das heißt also, die Personalentwicklung von einem Gründerinnen Team ist gleichzeitig die Geschäftsentwicklung des Unternehmens. Und wenn man das verstanden hat, dass es oft darum geht, Wissen weiterzugeben, und zwar auf eine Art und Weise, dass es nicht instruktiv ist, sondern explorativ, dass man etwas dazulernt, dann hat man sehr viel verstanden, wie Entwicklung von jungen Unternehmen funktioniert.

 

Heike Drexel: Setzt ihr die Teams auch manchmal selber noch zusammen?

 

Ingo Dahm: Das funktioniert nicht. Also manchmal hat man vielleicht ein Team, die sagen: Da fehlt uns jetzt noch eine Person mit dem und dem Knowhow. Und dann gucken wir in unserem Netzwerk: Können wir da unterstützen? Aber dass wir sagen: Passt mal auf, wir würden in euch investieren, wenn ihr Person XY noch dazu nehmt. Das funktioniert nicht. So ein Team, in das wir investieren, sollte möglichst vollständig sein, es darf auf gar keinen Fall eine Schlüsselkompetenz fehlen. Und wenn eine Schlüsselkompetenz fehlt, dann sollte das Team auch selber schon wissen, wie sie diese Schlüsselkompetenz besetzen wollen.

 

ZUSAMMENARBEIT MIT DEN STARTUPS

 

Heike Drexel: Finden diese Teams euch oder findet ihr die Teams? Und wenn ja, wo findet ihr die Teams?

 

Ingo Dahm: Das ist unterschiedlich, in der Regel ist es jedoch so, dass die Startup Teams zu uns finden. Und das hängt damit zusammen, du hattest vorhin die KI angesprochen, die hilft nicht nur uns, sondern die KI hilft häufig auch den Startup Unternehmen. Denn in einer sehr frühen Phase weiß man häufig noch nicht: Was das Unternehmen eigentlich wert? Und diese Wertbestimmung, die kann beliebig kompliziert sein und dafür haben wir einen Werkzeug entwickelt. Wir nennen das: Unity Base Relation Methode. Und die haben wir gemeinsam mit verschiedenen Hochschulen und Universitäten entwickelt und auch geprüft. Und diese stellen wir momentan kostenfrei im Internet zur Verfügung. Und wenn Startups also da hingehen und sagen: Ich möchte gerne wissen, wie viel sind wir denn eigentlich wert? Dann können wir auf diese Art und Weise sehr schnell mit Teams in Verbindung treten, weil unsere KI dann sagt: Guckt euch mal dieses Startup an, das ist interessant. Und das Startup profitiert aus zwei Gründen davon, erstens es hat einen potenziellen Investor direkt gefunden und zum anderen Selbst wenn wir nicht investieren, gibt es qualifiziertes Feedback. Das ist mal mehr und mal weniger passend. Jeder, der mal mit einer KI experimentiert hat, weiß, manchmal kommt halt auch etwas raus, was nicht so gut ist, wie wenn man es selber machen würde, aber es gibt auf jeden Fall ein Feedback. Und das ist etwas, was uns von vielen Business Angels unterscheidet, die häufig gar kein Feedback geben. Auch wenn verschiedene Venture Kapitalgeber geben auf eingesandte Businesspläne einfach gar kein Feedback. Das ist, ja nicht besonders höflich, empfinden wir das und das auch nicht sehr wertschätzend den Gründerinnen und Gründern gegenüber. Und deshalb haben wir gesagt, wir würden gerne in diesen fünf Punkten: Idee, Termin, Team, Geschäftsmodell, strategischer Fit zum Investor, und da würden wir gerne zu diesen fünf Punkten Feedback geben. Und zwar nicht irgendwie auf einer fünf Punkte Skala, sondern ein bisschen ausführlicher. Was finden wir an euch gut? Wo sehen wir Herausforderungen? An welchen Punkten, glauben wir, dass ihr arbeiten solltet? Und wenn es eine Investition gäbe, zu welcher Bewertung würde diese vielleicht erfolgen können? Mit welchen Startups seid ihr vielleicht vergleichbar? In welcher Branche siedeln wir euch an? Wie sind typische sogenannte Multiples, also das wie Vielfache eures Umsatzes, das wie vielfache eures Gewinns könntet ihr im Moment erwarten, wenn ihr heute schon einen Exit machen würdet. Also Exit heißt an der Stelle, wenn ein Verkauf des Unternehmens erfolgen könnte und das Unternehmen sich genau so entwickelt hätte, wie ihr es prognostiziert habt. Und das hilft vielen Gründerinnen und Gründern einfach zu verstehen, wo sie eigentlich sind, beziehungsweise wie Investoren auf so ein Unternehmen drauf gucken.

 

Heike Drexel: Und das macht ihr, ohne dass ihr diese Menschen dann die Gründer gesehen habt oder habt ihr doch schon mit denen Kontakt dann?

 

Ingo Dahm: Jetzt ist es super schade, dass Ina nicht dabei ist, weil das ist genau der Punkt. Ich bin ja da eher technokratisch und Ina ist da mit großem Herz dabei. Ich sage, ein Großteil dieser Bewertung können wir durchaus durchführen, ohne dass wir die Menschen auch persönlich kennengelernt haben. Und Ina sagt ergänzend dazu immer: Ja, aber wir wollen sie auf jeden Fall kennenlernen, weil wir arbeiten ja auch mit ihnen in den folgenden Jahren eng und intensiv zusammen. Und da muss ich ihr immer Recht geben und sagen: Ja klar, auf jeden Fall. Es muss auch menschlich einfach passen, weil ein Startup zu führen oder in ein Startup zu investieren bedeutet immer, es gibt auf und es gibt auch Bewegung. Es ist wie so eine Achterbahnfahrt und wenn man schon so eine wilde Reise macht, dann möchte man diese auch mit Menschen eingehen, bei denen man das Gefühl hat, auch wenn es hoch hergeht, kann man trotzdem miteinander menschlich auch gut zusammenarbeiten, hat auch Spaß miteinander zu arbeiten. Und das ist auch ganz nützlich, dass man mit den Leuten dann auch persönlich spricht. Es gehört auch in unseren Prüfprozess rein, nachdem die KI gesagt hat: Ja, mit diesem Startup solltet ihr Kontakt aufnehmen, das gehört in die engere Auswahl. Dann schauen wir es uns noch mal persönlich an, führen eine sogenannte Due Diligence durch, das ist eine sehr gründliche Prüfung. Und zu dieser Due Diligence Prüfung gehört auch, dass wir das Startup vor Ort besuchen, dass wir die Gründerinnen und die Gründer dort kennenlernen. Dass wir uns genau anschauen: Wie sind die Geschäftsräume? Wie arbeiten die zusammen? Also all das, was man als Mensch einfach auch erwartet, da gehen wir noch mal die Gegenprüfung ein, weil so eine KI könnte ja auch halluzinieren und könnte einfach Dinge einfach auch ausgeben, die in der Wirklichkeit gar nicht vorhanden sind. Das prüfen wir dann noch mal dagegen.

 

INVESTPROJEKTE DER CAPACURA

 

Heike Drexel: Kannst du uns mal vielleicht ein Beispiel von einem Investment erzählen? Also in was ihr investiert habt und ein bisschen so die Hintergründe dazu, damit man einfach ein bisschen eine konkretere Vorstellung noch hat.

 

Ingo Dahm: Also ich kann über ganz viele Unternehmen erzählen, in die wir investiert haben. Und damit da jetzt niemand beleidigt ist, würde ich am liebsten über das erzählen, in das wir als allerletztes, also ganz zum Schluss, investiert haben. Das ist ein Unternehmen aus München, die heißen: XO Life. Und das ist ein Unternehmen, die, platt gesagt, den Beipackzettel von Medikamenten digitalisieren. Das klingt erst mal irgendwie total langweilig, auf den ersten Blick, aber auf den zweiten ist das hochinteressant, weil, wer hat sich denn in der Vergangenheit mal wirklich so einen Beipackzettel durchgelesen?

 

Heike Drexel: Ich, gerade erst.

 

Ingo Dahm: Ja, dann wirst du gesehen haben, da steht eine riesen Liste von Nebenwirkungen. Nebenwirkungen sind ganz gut erforscht, aber was ist mit den Wechselwirkungen? Also, wenn du vielleicht nicht nur ein Medikament nimmst, sondern mehrere, dass halt die Frage: Naja, also vielleicht interagiert das eine Medikament mit dem anderen? Dadurch, dass aber die Pharmakonzerne ja gar nicht alle Wechselwirkungen erfassen können, wäre es total interessant, wenn es eine App gäbe, wo man einfach Wechselwirkungen, von denen man vermutet, dass sie von den Medikamenten kommen, dass man diese Wechselwirkungen erfasst. Das wäre nützlich und genau das kann diese App. Die kann auch noch viel mehr, die kann nämlich auch Tipps geben, was man noch tun könnte, zum Beispiel bei Diabetes, zum Beispiel bei bestimmten Erkrankungen. Welche Bewegungen, welche Muskulatur könnte man an der Stelle vielleicht noch ein bisschen lockern, dass einfach Schmerzbilder reduziert werden oder bestimmte Bewegungsabläufe sich wieder besser einspielen und so weiter. Aber eben auch: Was hat anderen geholfen, mit den Symptomen der Krankheit besser klarzukommen? Und das muss man sich so vorstellen wie so eine Art Instagram für Medikamente, wo einfach nicht nur der Pharmakonzern, sondern einfach jeder grundsätzlich, der gute Beiträge leisten kann, dort auch Beiträge leistet. Und die Community kann an der Stelle eben sagen, das war für mich nützlich, das hat mir Nutzen gestiftet und nicht eben nur derjenige, der am meisten Geld bezahlt. Und dadurch entsteht eben nicht nur sozusagen die Intention, dass das Medikament möglichst häufig verkauft wird, was man einem Pharmakonzern unterstellen könnte, sondern tatsächlich, dass eine Heilung der Krankheit geschieht. Und das ist etwas, was uns sehr begeistert hat und deshalb wir gesagt haben: Da möchten wir gerne investieren.

 

Heike Drexel: Sehr spannend. Jetzt habe ich allerdings den Gedanken, jetzt, wenn da natürlich ganz viele Meinungen dann da drin sind, dass mich das vielleicht als Verbraucher sogar noch ein bisschen mehr verunsichert.

 

Ingo Dahm: Das kann natürlich sein, dass es da unterschiedliche Meinungen gibt, die Dich dann unterschiedlich-.

 

Heike Drexel: Es ist ja jetzt schon so, wenn ich eben so einen Beipackzettel lese, dass ich dann eben auch schon denke: Oh mein Gott!

 

Ingo Dahm: Absolut, also natürlich kannst du dann auch an der Stelle sagen: Ich möchte eigentlich nur das lesen, was von dem Medikamentenhersteller kommt. Und für die Hersteller ist es tatsächlich auch hochinteressant, diese sogenannte Patient Journey, also diese Patientengeschichte mitzugestalten und damit eben auch den Heilprozess einzuleiten, weil wenn ich weiß, wie regelmäßig ein bestimmtes Medikament eingenommen wurde, also die sogenannte Compliance, dann weiß ich auch: Kann ich da vielleicht noch was optimieren? Kann ich an der Dosierung noch was verändern und ähnliches? Also das ist auch für den Pharmakonzern hochinteressant andere und bessere Informationen als die Konkurrenz zur Verfügung zu stellen, haben die auch großes Interesse dran. Und es ist halt, jedenfalls im Moment, auf XO Life völlig anders als zum Beispiel in sozialen Medien, wo du zu bombardiert wirst, sondern das sind sehr hochwertige, sehr gute Inhalte, die man dort findet. Also, wenn dich das interessiert, schau es dir am besten erst mal an. Vorurteile hatte ich am Anfang auch und ich war aber, als ich mir das dann angeschaut habe mit dem Team, total begeistert.

 

STARTUPS IN DER HÖHLE DER LÖWEN

 

Heike Drexel: Ich schaue es mir an, gerne. Es klingt auf jeden Fall total spannend. Ist so was, so ein Produkt oder so eine App-, wäre das eigentlich auch etwas, was man zum Beispiel in diese TV Show, hier diese Höhle der Löwen tragen könnte?

 

Ingo Dahm: Ja, es gibt verschiedene.

 

Heike Drexel: Ja, ich wollte einfach noch mal genau ein bisschen nachfragen, was du von so einem Format überhaupt hältst?

 

Ingo Dahm: Ja, wir haben in mehrere Startups investiert, die bei Höhle der Löwen gepitscht haben und dort die sogenannten Löwen nicht überzeugt haben. Die TV Sendung, so wie sie dargestellt wird, die entspricht jetzt nicht der Realität von wirklich guten Startup Unternehmen, jedenfalls nicht aus meiner Sicht, denn die Investoren in der Sendung, die sind überhaupt nicht auf Augenhöhe mit den Startup Unternehmen. Und die besten Startup Unternehmen, denen ist sehr bewusst, dass sie einmalige, sehr starke Möglichkeiten der Investition bieten. Und die betteln nicht um Geld, so wie es in der Sendung so dargestellt wird, sondern da begegnet man sich auf Augenhöhe und sagt: Ich habe hier eine tolle Investitionsmöglichkeit. Das sind, das sind, das sind meine Bedingungen. Da sagt dann der Investor auf der anderen Seite: Ja, finde ich hochinteressant, aber wir müssen bitte noch mal über die Konditionen sprechen. Und es ist nicht, dass irgendwie eine 3 Millionen Bewertung aufgerufen wird. Dann sagt der Investor: Ja, ich gebe maximal 50.000 Euro und ich möchte dafür aber 20-Prozent haben. So passiert es in der Realität nicht.

 

Heike Drexel: Es hat schon wirklich was, so ein bisschen Bittsteller Charakter.

 

Ingo Dahm: Absolut, auch auf der Aufbau, also Höhle der Löwen das ist ja so ein bisschen als würden die Gründer den Löwen zum Fraß vorgeworfen werden. In der Realität ist das völlig anders, weil diejenigen, die die wirklich guten Ideen haben, die die Welt zum Positiven verändern wollen und auch die die Möglichkeit bieten, toll zu investieren, das sind die Gründenden. Und das sind nicht die Investoren. Es gibt tolle Investoren, die dann auch wirklich dazu beitragen, dass sich das Unternehmen positiv entwickelt und dann ist das wirklich eine Begegnung auf Augenhöhe. Die guten Startups suchen sich auch Investoren aus und sagen: Wir würden gerne mit euch zusammenarbeiten, weil-. Und wie gesagt, wir haben auch in Unternehmen investiert, die bei Höhle der Löwen vorstellig waren, die sich dann aber auch zum Teil gegen Angebote entschieden haben oder wo sich die Löwen gegen die Startups entschieden haben. Und wir sind da nicht unglücklich drum.

 

Heike Drexel: Es gibt halt eine unglaubliche Aufmerksamkeit. Ich denke, das steht halt auf der Habenseite, wenn man an der Sendung teilgenommen hat.

 

Ingo Dahm: Absolut, also das merken wir bei den Startups, die in Höhle der Löwen aktiv waren. Tatsächlich ist es so, dass die Startups, die bei Höhle der Löwen aktiv waren, häufig Monate vorher in der TV Aufzeichnung waren und zu dem Zeitpunkt, wo es dann ausgestrahlt wird, dann auch ganz viele Anfragen von Investoren und potenziellen Investoren bekommen. Und dann einfach auch sagen müssen: Naja, wir haben vor fünf Monaten unsere Kapitalerhöhungsrunde bereits abgeschlossen. Aber du sprichst absolut von der richtigen Sache. Die Aufmerksamkeit, die zum Beispiel so ein Webshop bekommt, das ist absolut brillant, weil viele Menschen, die sich so eine Sendung anschauen, die haben Interesse an Innovationen, die haben Interesse an Startups. Und ich frage mich immer mehr, warum ist es eigentlich so, dass das Publikum nicht mit investieren darf bei solchen Geschichten? Also das Capacura dort an der Stelle, über unsere KI, mit am Tisch säße, das wäre durchaus für mich so ein Traum, wo ich sagen würde, damit würden wir viel mehr Menschen die Möglichkeit geben, in die Zukunft zu investieren. Auch über Twitter oder über die sozialen Medien kann man im Nachhinein auch oft verfolgen, dass die Leute sagen: Also, dass die Löwen sich dafür mich entschieden haben, das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen. Und dann wäre so eine Entscheidung eben auch, ja ganz anders geartet und mich würde es sehr interessieren, wie die Zuschauer einfach darauf reagieren würden.

 

Heike Drexel: Wer weiß, vielleicht hört es jemand, von denen und kommt da noch auf euch zu. Es wäre doch interessant, wenn ihr euch da mit engagieren könntet.

 

Ingo Dahm: Das wäre großartig. In Österreich gibt es eine ähnliche Sendung, die heißt, ich glaube: Zwei Minuten, zwei Millionen. Und dort ist es so, dass die Zuschauer auch anrufen können, bei der Sendung, da gibt es den Anrufbeantworter, also so ein TED, so eine Umfrage: Würdest du investieren, ja oder nein? Das ist also viel digitaler, man kann sogar über die Smart TV Bedienung einfach mitentscheiden. Finde ich das gut oder nicht? Das ist also deutlich interaktiver und ich bin sehr überrascht, dass wir da nicht noch einen Schritt weitergehen, weil die Möglichkeit besteht ja einfach. Finde ich schade, aber vielleicht hört ja jemand zu, der mit so einem Sender in Kontakt steht. Also wir würden uns da total drüber freuen, wenn man sich zu so einem Thema einfach mal austauscht.

 

FEMALE FOUNDER UND FRAUEN ALS GRÜNDER

 

Heike Drexel: Ja, dann lassen wir uns überraschen. Schauen wir mal, das wäre super. Was mich jetzt noch so ein bisschen interessieren würde, ist, wir hatten darüber gesprochen, dass du und deine Frau, dass ihr das zusammen führt. Ich habe auch gesehen, dass ihr eine Rubrik habt, extra in eurem Portfolio, das nennt sich: Female Founder. Also, dass ihr extra auflistet, die Unternehmen, die Startups, in die ihr investiert mit Frauen. Wie siehst du das? Man sagt ja sehr häufig, dass bei den Gründungen Frauen unterrepräsentiert sind, also dass die sich das nicht so zutrauen oder einfach nicht so die Möglichkeiten haben. Wie sind denn da so eure Erfahrungen?

 

Ingo Dahm: Also ehrlich gesagt, ich will da gar keine Diskussion aufmachen, warum das der Fall ist. Fakt ist, es gibt weniger, wesentlich weniger Gründerinnen als Gründer in Deutschland. Es gibt verschiedene Thesen und eine These ist da, dass es damit zusammenhängt, dass die meisten Investierenden sind Männer.

 

Heike Drexel: Das ist der Thomas sucht Thomas Kreislauf.

 

Ingo Dahm: Genau. Ehrlich gesagt, ich glaube das nicht. Ich glaube nicht, dass das der ausschlaggebende Grund ist, sondern ich glaube, dass der Hauptgrund, der bei den Investoren entsteht, der ist, dass man nach Unternehmen sucht, mit denen man schon mal erfolgreich war. Und das ist ein selbstverstärkender Effekt. Und wenn wir aufhören würden, auf das Geschlecht zu achten und das ist genau das, was unsere KI übrigens macht, weil die KI überhaupt nicht weiß, sind es Männer oder Frauen in dem Team, weil wir diese Information gar nicht mittrainiert haben, dann kommen wir zu einem erheblich höheren Anteil von Frauen geführten Unternehmen, als wir im Markt im Schnitt haben. Und da sind wir durchaus sehr stolz drauf. Und dennoch, wenn man sich anschaut, wie viele Unternehmen das sind oder wie hoch der Frauenanteil nach dieser Quote ist, dann sind wir bei ungefähr 50 Prozent. Und naja, ein Unternehmen gilt als weiblich, wenn mindestens eine Frau Gründerin ist oder Geschäftsführerin ist. So ist diese Definition, die vom Business Angel Netzwerk Deutschland und Deutschen Startup Verband eben aufgebaut wurde. Das bedeutet also, da sind acht Männer und eine Frau und das Unternehmen ist weiblich.

 

Heike Drexel: Okay.

 

Ingo Dahm: Und mit dieser Definition gehen wir also hin und sagen: Twentyfive to twentyfive, also bis 2025 wollen wir 25 Prozent Frauenanteil haben. Diese 25 Prozent sind aber keine echten 25 Prozent, denn nach dieser Definition hätten wir heute ja schon 50 Prozent oder sogar über 50 Prozent. Sondern, da glaube ich einfach, wir müssen auch in der Aspiration, wo wollen wir eigentlich hin? Viel stärker werden. Wir müssen sagen, so ganz ehrlich, also 50 Prozent ist das absolute Minimum, was wir erreichen müssen nach dieser Definition und Ina und ich, wir sagen immer: Es ist uns völlig egal, welches Geschlecht du hast, welche Hautfarbe du hast, was du für ein von in Hintergrund bist, wenn du fachlich geeignet bist und menschlich kein Arschloch bist, dann möchten wir gerne mit dir zusammenarbeiten. Und dann ist es doch völlig egal, welche äußeren Merkmale du hast. So glaube ich, sollten wir Menschen zusammenleben und das ist eine innere Frage der Haltung, der Werte. Und wenn du diese Werte bei anderen Menschen suchst, dann werden die dich auch finden und deshalb bin ich auch so wahnsinnig stolz, weil wir so ein super tolles, buntes Portfolio haben. Und ja, du hast es ja gesagt, wir haben explizit auch noch mal darauf hingewiesen, Menschen gehen immer stärker dazu über, das sie sagen: Wir suchen die Vielfalt, wir suchen bunte Teams, wir suchen auch ganz bewusst von Frauen geführte Teams. Auf der einen Seite haben wir natürlich auch reine Frauenteams, da haben wir überhaupt nichts gegen, wie bei Scobees oder bei Jojok. Wir haben viele gemischte Teams und wenn sich ein wirklich gutes Team bei uns meldet, die nur aus Männern bestehen, dann nehmen wir die auch. Also Geschlecht ist kein Ausschlusskriterium. Wichtig ist, dass die Leute Vielfalt lieben, weil durch die Vielfalt werden wir gemeinsam stärker, weil wir unterschiedliche Ideen, Haltungen, Erlebnisse miteinander teilen. Und das hilft uns, im Geschäftsleben erfolgreicher zu sein.

 

PRIVAT UND ARBEITSLEBEN UNTER EINEM HUT

 

Heike Drexel: Wie ist denn so die Zusammenarbeit zwischen dir und deiner Frau, persönlich? Also ich stelle mir das gar nicht so einfach vor, wenn man jetzt wirklich so Arbeitsleben und Privatleben die ganze Zeit shared, also teilt. Also wie ist denn da so eure Work Life Balance, wenn doch die ganze Zeit sich das vermischt?

 

Ingo Dahm: Oje, da bist du auf genau das richtige Thema gekommen. Also auf der einen Seite ist es eine riesen Erleichterung, wenn man mit jemandem zusammenarbeiten kann und darf, der einem so unfassbar vertraut wie die eigene Partnerin oder der eigene Partner. Das macht Sachen viel, viel einfacher, weil man weiß, die Person, die hält nicht hinterm Berg mit Kritik und Feedback, weil man eine sehr ähnliche Interessenslage hat. Das ist sehr wertvoll. Es ist auch super wertvoll, weil man miteinander Dinge besprechen kann innerhalb ganz kurzer Frist. Häufig genügt es, wenn man sagt: Pass auf, ich sehe das so und so und so und so. Und dann schwingt bei meiner Frau sofort mit, dass sie genau weiß, welche Erfahrungen, die ich gemacht habe. Warum ich das wahrscheinlich meine, in welchen Situationen ich etwas Ähnliches gesagt habe, weil sie mich einfach schon so lange kennt. Das sind Dinge, die habe ich bei meinen Mitarbeitenden nicht, auch nicht bei den Kollegen, die schon ganz lange dabei sind. Die kennen mich zwar schon besser als die Newcomer, die jetzt gerade frisch eingestellt worden sind, aber da kennt mich niemand auch nur annähernd so gut wie Ina. Und auf der anderen Seite hast du genau das Thema angeschnitten: Man nimmt die Arbeit mit nach Hause und man wird sie auch nicht mehr los. Und deshalb ist es wichtig, dass man den Job auch wirklich liebt, sonst hält man das nicht aus. Es gibt auch bei uns natürlich Herausforderungen im beruflichen Alltag, immer und immer wieder. Und dann ist es so, dass wir diese Sachen am Abendbrottisch oder zu Hause auf der Terrasse irgendwie versuchen zu lösen. Und manchmal ist es so, dass wir zwei Tage hintereinander kaum ein privates Wort miteinander gewechselt haben, weil wir immer wieder auf Themen in der Firma zurückkommen. Entweder, weil sich Sachen so positiv oder so schwierig gestalten und wir einfach Lösungen dafür suchen. Also, das vermischt sich dann sehr stark zugunsten des Unternehmens und ich glaube schon, fürs Unternehmen ist das vorteilhaft. Das Familienleben, das leidet schon durchaus darunter. Und es ist nicht nur das, was ich gerade gesagt habe, dass einfach so viele Themen einfach miteinander besprochen werden, sondern es ist auch so, wenn man zwei unterschiedliche Jobs hat, dann möchte ja jeder auch den Impuls reinbringen: Du mir es auf der Arbeit, das und das passiert. Ich hätte gerne mal deinen Rat. Und wenn wir darüber sprechen, dann verlängert sich eigentlich unser Berufsalltag auf die Abendstunden oder in die Nacht. Und das ist etwas, wenn ich in die Vergangenheit zurückdenke, wo wir unterschiedliche Jobs hatten, da war es dann so, dann gab es mehr Impulse, auch von dem anderen. Und diese Impulse, die sind jetzt nicht da, sondern diese Impulse, die sind eher so ein selbstverstärkender Effekt aus dem Unternehmen heraus.

 

Heike Drexel: Und habt ihr eine Lösung?

 

Ingo Dahm:  Ja, die Lösung-.

 

Heike Drexel: Das ihr so Auszeiten nehmt oder sagt: Und jetzt legen wir Handys weg und reden nicht über die Arbeit.

 

Ingo Dahm: Bei uns funktioniert das nicht so gut mit dem Handy weglegen. Also was bei uns wirklich eine wertvolle und wichtige Zeit ist, das sind Urlaube. Und da bin ich auch wirklich glücklich, dass wir es immer mehr auch im Unternehmen schaffen, dass Ina und ich, was ja auch noch mal ein Thema ist, wenn wir weg sind, sind wir beide weg, im Urlaub, aber in der Zeit haben wir es inzwischen erreicht, dass in der Zeit, das Team auch ohne uns sehr gut klarkommt. Und manchmal habe ich das Gefühl, auch sogar ein bisschen besser als mit uns, zumindest einen bestimmten Zeitraum lang. Und das sind dann wirklich Momente, wo wir dann auch ganz bewusst auch sagen können: Okay, jetzt können wir uns auch auf unsere Familie konzentrieren. Und das sind dann sehr tief entspannte Themen, aber wenn man Unternehmerin oder Unternehmer ist, dann ist man das eben auch 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche. Und wenn es dann doch irgendwo brennt, dann brennt es halt auch dann, wenn wir im Urlaub sind. Und dann müssen wir die Verantwortung dafür übernehmen. Das ist halt das Los, was man hat und dafür hat man aber auch im Gegenzug eine viel, viel größere Freiheit in dem, was man tut, wie man es tut und warum man es tut.

 

ENTSCHEIDUNGSGEWALT ÜBER INVESTITIONEN

 

Heike Drexel: Trefft ihr eigentlich die Investitionsentscheidungen immer gemeinsam? Oder wer trifft die überhaupt in eurem Unternehmen? Du alleine oder ihr zusammen oder in einem Team, oder?

 

Ingo Dahm: Also die Investitionsentscheidungen, die werden in mehreren Stufen gefällt. Also die erste Entscheidung trifft die KI, die sagt: Dieses Unternehmen erscheint attraktiv, dieses Unternehmen erscheint nicht so interessant. Und die, die besonders attraktiv sind, die schaut sich unser Investment-Managementteam dann noch mal intensiver an und stellt dann im Investorenkreis zur Verfügung. Das sind die Gesellschafter unseres Unternehmens, die Gesellschafter der Capacura GmbH. Und die schauen sich das alles an, dann kann jeder für sich entscheiden: Ich möchte da investieren oder das ist für mich persönlich nicht so spannend. Das ist auch sehr unterschiedlich, die einen sind sehr technologisch affin, die anderen sagen: Wenn mich das Team nicht überzeugt, dann brauche ich mir das auch gar nicht angucken. Und wieder andere sagen: Ich habe die Investmenttheorie, dass ich in bestimmte Märkte investiere, weil ich weiß, dass dieser Markt sich positiv entwickeln wird. Und deshalb sollte ich in möglichst viele Unternehmen dieses Marktes investieren. Also wir haben sehr unterschiedliche Charaktere, die dann aus unterschiedlichen Gründen investieren.

 

Heike Drexel: Entschuldige, wenn ich da einhake, weil da fällt mir immer dieser Spruch von diesem Warren Buffett ein, der ja immer sagte: Ich investiere nur in das, was ich verstehe.

 

Ingo Dahm: Ja, also ganz kann ich das nicht nachvollziehen, weil wenn ich alles verstehen würde, dann sollte ich vielleicht doch was anderes machen, als zu investieren. Ich muss das Geschäft verstehen, das würde ich dann vielleicht einschränkend sagen. Wenn ich zum Beispiel in ein Pharmaunternehmen investieren würde oder ein Biotech Unternehmen, dann würde ich wahrscheinlich was falsch machen, wenn ich Biotech und Pharma als Person wirklich überhaupt nicht verstehe. Dann wäre ich einfach reiner Finanzinvestor, dass ist nicht das, was wir wollen. Aber in einem Bildungsunternehmen, dem kann ich sehr viel zur Verfügung stellen oder auch aus dem Investorenkreis haben wir verschiedene Charaktere. Der eine hat eine Kommunikationsagentur, die nächste die ist promovierte Chemikerin, der nächste, der hat einen Healthcare Unternehmen, was er verkauft hat. Der nächste hat ein IOT Unternehmen verkauft an einen großen deutschen Automobilzulieferer, wieder jemand hat eine Digitalagentur und so weiter und so weiter. Also wir haben sehr unterschiedliche Unternehmerpersönlichkeiten bei uns.

 

INVESTOREN DER CAPARURA

 

Heike Drexel: Wie viele sind das denn? Das hört sich jetzt schon nach einer Menge an.

 

Ingo Dahm: Also wir sind im Moment so ungefähr ein, zwei Handvoll von Personen und wir wollen auf 25 Personen noch anwachsen. Und dann ist auch erst mal Schluss, weil wir sagen: 25 Personen, das wäre wirklich eine Schulklasse, in einer Größe, das lässt sich noch gut managen und alles, was darüber hinausgeht, das ist dann auch sehr anspruchsvoll, da die unterschiedlichen Charaktere, die unterschiedlichen Meinungen auch wirklich da im Zaum zu behalten.

 

Heike Drexel: Ja, es gibt da diesen Spruch: Zu viele Köche verderben den Brei.

 

Ingo Dahm: So ist es absolut und deshalb sagen wir eben auch: 25 ist für uns die Obergrenze und dann ist dann auch Schluss. Also das sind aber auch hier sehr unterschiedliche Menschen, wie ich gerade gesagt habe, mit sehr unterschiedlichen Lebensläufen, sehr unterschiedlichen Erfahrungshintergründen. Und das hilft uns dann eben auch gute Entscheidungen zu treffen.

 

Heike Drexel: Macht er das dann einstimmig?

 

Ingo Dahm: Nein, auch das ist eine Sache, jeder kann über sein eigenes Kapital auch selbst entscheiden. Und jeder hat auch die Möglichkeit ein Veto einzulegen. Also, wenn ich zum Beispiel sage: Boah, ich finde das Unternehmen total gut. Und du wärst Investoren bei uns und würdest du sagen: Ingo Veto, das ist schlecht für die Marke Capacura oder ich habe ein ganz, ganz schlechtes Gefühl bei dem Gründer Team. Dann unterwerfe ich mich dem Veto und sage: Okay, Heike, wenn du das sagst, dann mache ich das nicht. Das ist so bei uns das Wertekonstrukt, auf dem wir investieren. Jeder hat die Möglichkeit, aus dem Investorenkreis, ein Veto einzulegen, aus welchem Grund auch immer und dann akzeptieren wir das auch. Das ist auch eine Schutzfunktion für die anderen.

 

Heike Drexel: Das klingt ganz schön kompliziert. Also ihr habt ja wirklich nach den unterschiedlichsten Richtungen Aktivitäten. Also auf der einen Seite müsst ihr die Startups finden, in die ihr investieren könnt. Auf der anderen Seite müsst ihr dann den richtigen Gesellschafterkreis finden, der auch gut funktioniert, weil wenn da jetzt Leute dabei wären, die, sage ich mal vielleicht sagen, ich will investieren, sind aber eigentlich sehr risikoavers und sagen dann bei allem: Nein, Veto, Veto, Veto. Oder sind im Gegenteil sehr, sehr risikoaffin und wollen alles machen. Also da muss es ja auch irgendwo stimmen in der Chemie und in der Einschätzung. Und dann wollt ihr ja auch noch diese Menschen finden, die dann diese Genussanteile erwerben, die dann also in kleineren Tranchen daran partizipieren können. Also es sind ganz schön viele unterschiedliche Gruppen, die ihr da bedient.

 

Ingo Dahm: Das ist ein dreifaches Marktplatzproblem. Also wir brauchen auf der einen Seite Startups, wenn ich das über einen Shop abbilden würde, würde ich sagen, das Startup ist das Produkt. Also ich muss Produkte in meinem Shop einstellen, ich brauche eine Warenvorfinanzierung, das sind die Ankerinvestoren, die sagen: Okay, ich finanziert das vor. Und ich brauche Konsumentinnen und Konsumenten, die sagen, ich möchte die Produkte kaufen. Also tatsächlich ist es wie bei einem Marktplatz, ganz ähnlich, ich muss diese drei Probleme lösen und das ist nicht ganz einfach. Es gibt ja auch gute Gründe, warum in der Vergangenheit sich erst wenige Leute daran gewagt haben, diesen Markt zu demokratisieren, das ist nicht einfach. Auf der anderen Seite ist es unglaublich befriedigend, weil wir auf diese Art und Weise inzwischen 25 Unternehmen finanziert haben, die möglicherweise ohne uns keine Finanzierung bekommen hätten oder die vielleicht deutlich später eine Finanzierung bekommen hätten. Und wir messen ja nicht nur die fiskalische Rendite, sondern wir messen ja auch den sogenannten Impact. Wir messen: Für wie viele Menschen haben wir einen Unterschied gemacht im Bereich Gesundheit, im Bereich Bildung, im Bereich Umwelt? Wie viel CO2 haben wir eingespart? Wie viel Plastik haben wir aus dem Meer gefischt und so weiter. Und allein im letzten halben Jahr waren es über 1 Million Menschen, bei denen wir einen Unterschied in Gesundheit und Bildung gemacht haben. Und im letzten Jahr haben wir ungefähr 100.000-, nein, Entschuldigung, 1 Million Kilogramm Plastikmüll und CO2, also Kohlenstoff basierten Müll aus der Umwelt gezogen. Also CO2 Kunststoffe, egal ob aus der Luft oder Gewässern und das sind Dinge, die machen uns natürlich unfassbar stolz. Nicht nur, weil wir eben so vielen Menschen auch helfen und den Planeten irgendwie ein bisschen besser machen, sondern das Ganze ja nicht nur irgendwie, sondern indem wir eine Kapitalanlage oder eine Vermögensanlage auflegen, die, wenn man sich immer zum ersten Emissionstag bei uns beteiligt hätte, in den letzten vier Jahren durchschnittliche jährliche Rendite von 31,2 Prozent gebracht hätte. Kein Versprechen in die Zukunft, aber macht uns unfassbar stolz, wenn man zurückschaut: Was haben wir damit erreicht? Also dieser Gedanke, dass man, wenn man was Gutes tut mit seinem Kapital, dass man da auf Rendite verzichten muss, das ist absurd. Es ist Risikokapital und es kann morgen anders sein als gestern. Gar keine Frage, aber es heißt nicht, dass man irgendwie mit Startup Investitionen keine Ahnung 20 Prozent Rendite macht und mit Impact Investitionen nur zwei. Das ist Quatsch, sondern es gibt auch tolle Startups, die die Welt verbessern und die auch exzellent wachsen.

 

Heike Drexel: Das ist sehr beeindruckend. Da fällt mir jetzt aber noch eine vierte Gruppe ein, die ihr ja eigentlich bedienen müsst. Ihr müsst ja dann auch noch kooperieren mit anderen Venture Capital Gesellschaften oder so, die dann praktisch nach der Frühphasenfinanzierung mit ins Boot kommen, weil gerade das Beispiel, was du vorhin jetzt genannt hast, das mit dem Thema hier, dem Plastik aus den Flüssen rausfischen, wenn man das ja noch weitertreiben möchte, dann braucht es ja eine Investition in Schiffe oder Floß, so eine Konstruktion, glaube ich, ist das. Also da müssen ja noch mehr, muss ja noch wirklich viel Kapital fließen. Das heißt, mit dieser Gruppe müsst ihr auch Kontakte knüpfen und in Verbindung stehen.

 

Ingo Dahm: Wenn ich auf die nachgelagerten Gesellschaften eingehe, die werden natürlich auf sehr gute Unternehmen auch zum Teil von selbst aufmerksam, weil sie ein sogenanntes aktives Sourcing betreiben. Also sich genau umschauen, welche Unternehmen haben sich sehr gut entwickelt? Wer hat bei welchem Gründungswettbewerb gewonnen? Welche Unternehmen haben Kapitalrunden gezeichnet und die sind in einschlägigen Verzeichnissen enthalten. Man tauscht sich auf verschiedenen Veranstaltungen aus, ist häufig auf dem Podium miteinander oder auf digitalen Veranstaltungen. Und gerade auch in dem Bereich gibt es auch große Fonds. Und diese Fonds, wie zum Beispiel der Eco Sea World Fund oder Planet Avengers oder Einander oder BonVenture, um die vier besonders großen Impact Fonds hier in Deutschland zu nennen. Bei denen ist es so, natürlich tauschen wir uns mit denen aus und wir erklären ihnen, wen haben wir im Portfolio? Und die sind halt so groß, dass sie auch gar nicht so frühphasig wie wir investieren können. Das darf man auch nicht vergessen. Ein Startup, was 100.000 Euro sucht, kann von einem Fonds, der 100 Millionen Euro verwaltet, nicht sinnvoll investiert werden, weil das würde bedeuten, dieser Fonds müsste in 1000 Startups investieren, um ausfinanziert zu sein. Und das funktioniert einfach nicht. Diese 1000 Unternehmen, wer soll die denn führen? Wer soll die denn prüfen? Wer soll die denn entwickeln? Deshalb investieren Fonds einfach in einer deutlich anderen Größenordnung, dass sie vielleicht zehn, 20 oder 30 Unternehmen unter Vertrag nehmen. Und damit ergibt sich dann auch die typische Beteiligungsgröße von vielleicht zwei, drei, fünf Millionen Euro. Und das ist eine andere Größenordnung als die von uns und deshalb ist es sinnvoll, dass wir uns als Teil des Ökosystems verstehen, dass wir früher investieren und damit den Fonds die Möglichkeit einräumen, in späteren Phasen in unsere Startups investieren zu können.

 

DER EXIT EINES UNTERNEHMENS

 

Heike Drexel: Aha, verstehe. Und wie läuft dann der Exit, weil darum geht es ja am Schluss dann doch immer, oder? Kaufen am Anfang und verkaufen am Ende.

 

Ingo Dahm: Das hast du gut zusammengefasst. Also so verdient man in der Startup Szene das Geld. Die meisten Leute glauben, es ist ganz einfach, man muss nur die guten Geschäftsideen finden und dann investieren und der Rest passiert von alleine, aber das ist leider nicht so.

 

Heike Drexel: Ohne verkaufen geht es nicht.

 

Ingo Dahm: Sondern es ist tatsächlich-, das ist vor allem ein klares Verkaufsgeschäft. Also es geht darum zu entdecken: Für welche Parteien könnte der Kauf des Unternehmens in der Zukunft interessant sein? Und mit denen möglichst früh auch Kontakt aufzunehmen und diese Beziehung eben auch aufzubauen. Andererseits ist es aber auch so, dass sogenannte Impact Unternehmen, also die die Welt verbessern, häufig auch gar nicht verkauft werden wollen. Und da gibt es ein eher moderneres Modell, das ist der sogenannte Dividenden Case. Das heißt also, man überlegt sich von vornherein: Wie kriegen wir das Unternehmen so profitabel, dass man über eine dauerhafte Dividende, Gewinnausschüttungen eben produziert und diese Gewinnausschüttungen zu einer Rückzahlung des eingesetzten Kapitals plus einer sehr attraktiven Rendite führen? Das ist ein bisschen so ähnlich wie bei Aktien, wo man sagt, man investierten dividendenstarke Aktien. Und die dritte Möglichkeit, das ist der Anteilsrückkauf durch das Unternehmen. Das heißt also, wenn das Unternehmen wirklich sehr profitabel wächst, dann könnte das Unternehmen zu einem festgelegten Kurs, zu einem späteren Zeitpunkt, die Anteile der Investorinnen und Investoren wieder zurückkaufen. Und damit, was eben gerade bei Unternehmen aus dem Bereich Nachhaltigkeit momentan ein echt interessantes Thema ist, in das sogenannte Verantwortungseigentum wechseln. Das heißt, ein Unternehmen, was sich selbst gehört, so was findet man zum Beispiel-.

 

Heike Drexel: So wie der Kölner Dom, der sich selbst gehört.

 

Ingo Dahm: Ja, um einen unternehmerisch den Vergleich zu finden, Bosch gehört zum Beispiel einer Stiftung oder die Bertelsmann gehört einer Stiftung, also eigentlich sich selbst. Auch DM ist von dem Gründer in eine ähnliche Struktur überführt worden. Und das Verantwortungseigentum ist tatsächlich eine Unternehmensform, die für viele Unternehmerinnen und Unternehmer wirklich attraktiv ist und auch ganz modern. Also Ecosia zum Beispiel, ist auch ein Unternehmen, was ich im Verantwortungseigentum befindet.

 

Heike Drexel: Die Suchmaschine meinst du?

 

Ingo Dahm: Ecosia, genau. Oder auch ein bekanntes Unternehmen aus dem Nachhaltigkeitsumfeld ist das Einhorn. Die sind ebenfalls auch im Verantwortungseigentum und sehen das für sich als eine sehr wertvolle und gute Möglichkeit, dafür zu sorgen, dass das Unternehmen dadurch, dass es sich selbst gehört, ja nicht irgendwann einen einzelnen Investor, eine einzelnen Investorin reich macht, sondern tatsächlich das erfüllt, was sich die Gründerinnen und Gründer ausgedacht haben, nämlich die Welt zu verbessern. Das funktioniert, wenn ich das mit Investoren finanzieren möchte nur dann, wenn von vornherein klar ist: Wie kriege ich dann als Investorin, wie kriege ich als Investor irgendwann mein Geld auch zurück plus Zins? Also da gibt es sehr unterschiedliche Modelle.

 

Heike Drexel: Spannend.

 

Ingo Dahm: Also bei Bosch ist es so, dass ist zum Beispiel das älteste, meines Wissens nach, älteste Modell eines Unternehmens, was sich im Verantwortungseigentum befindet. Und da gibt es also keinen Gesellschafter, keine Gesellschafterin, die als Person dahintersteht, sondern da gibt es die Stiftung. Und eine Stiftung, die lebt vom Stiftungsstock beziehungsweise von Erträgen aus dem Stiftungsstock. Und wenn ich jetzt sozusagen eine Gesellschaft, die profitabel ist, in den Stiftungsstock rein tue, dann kann diese Konstruktion von alleine dauerhaft sich entwickeln.

 

TIPPS FÜR GRÜNDERINNEN UND GRÜNDER

 

Heike Drexel: Cool. Ich glaub, ich muss mal auf die Uhr gucken. Oh Gott, wir haben schon eine Stunde. Ich glaube, wir müssen wir ein bisschen zum Ende kommen. Was mich noch sehr interessieren wird. Also, du merkst, ich habe ganz schön viele Fragen. Ich finde das Geschäftsmodell einfach total spannend. Wenn jetzt vielleicht jemand, der auch ein Unternehmen gründen möchte, zuhören würde, wird was könntest du denn so jemanden noch so als Tipp mitgeben, wenn der sich jetzt auf die Suche begibt oder der oder die auf die Suche begibt nach Kapital, nach Unterstützung, nach Knowhow?

 

Ingo Dahm: Also ich würde damit anfangen, dass wir alle in unserer Gesellschaft dankbar sein müssen, für jeden Menschen, der sich dafür begeistert, Unternehmerinnen, Unternehmer zu werden. Also ich bin da sehr dankbar, denn ich weiß, dass es sehr viel Mut erfordert, sehr viel Leidenschaft, sehr viel Selbstdisziplin. Und ohne Unternehmerinnen, Unternehmer würde ganz viel Innovation in unserer Gesellschaft fehlen. Das vielleicht erst mal vorweggeschickt.

 

Heike Drexel: Sehr schön.

 

Ingo Dahm: Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass man, auch wenn man glaubt, dass man das Thema vielleicht ganz gut schon verstanden hat, dass man sich Unterstützung sucht. Und diese Unterstützung, das können Co-Gründerinnen und Co-Gründer sein, das können aber auch einfach Freunde, Berater sein, das können Investorinnen sein. Das können, ja Menschen sein, die wirklich einfach nur unterstützen und helfen das Unternehmen voranzubringen, weil allein wird man das in aller Regel nicht schaffen. Das Gute ist, wir finden in fast allen Städten heutzutage Co-Location Workspaces, Inkubatoren, Acceleratoren und ich bin ein großer Freund davon, dass man dort einfach helfende Hände sucht und den Austausch, in den Austausch geht mit anderen, die in einer ähnlichen Situation sind. Dann würde ich als nächstes unbedingt den Rat loswerden wollen, dass es ganz wichtig ist, über das Geschäftsmodell, über die Idee zu sprechen und sie nicht für sich zu behalten. Das ist ganz oft, dass Gründerinnen und Gründer Angst davor haben, dass die Idee kopiert wird. Wenn die Idee kopiert werden würde, dann wäre das ein sehr, sehr großes Lob. Aber da habe ich doch nichts davon, wenn ich dann nichts mehr aus dieser Idee rausziehen kann. Naja, wenn du es nicht schaffst, deine Idee schneller als andere umzusetzen, dann wirst du es auch nicht schaffen, wenn du die geheim hältst, weil jemand anders kommen wird und deinen Vorsprung, den du dir vielleicht rausgearbeitet hast, ganz schnell auch wieder aufholen wird. Das heißt, Geschwindigkeit, Timing ist ein unfassbar unterschätztes, wichtiges Phänomen. Und Timing kannst du absolut kompensieren, dadurch dass du eine Offenheit an den Tag legst, weil du einfach mehr Feedback von Menschen bekommst. Ich würde auf gar keinen Fall im stillen Kämmerlein etwas aufbauen und dann gucken danach: Wie reagiert die Welt darauf? Sondern ich würde immer mit möglichst vielen Menschen sprechen und das heißt 100 Menschen mindestens kalt anrufen. Ist das ein spannendes Thema für dich? Hast du Interesse daran? Und dann herausfinden: Will überhaupt die Welt mein Produkt haben oder habe ich mich da vielleicht in irgendwas verrannt? Wenn das nicht funktioniert, sollte ich es sein lassen und die Idee nochmal überdenken und anpassen. So, das sind meine wichtigsten Tipps, die ich da so geben würde. Und wenn das alles erledigt ist, ich mir Hilfe geholt habe, bei einem Inkubator, ein tolles Team aufgebaut habe, dann sollte ich schauen, dass ich mit viel Mut, mit viel Engagement auch versuche Investorinnen, Investoren zu gewinnen. Nicht, weil ich der Meinung bin, dass das einfach modern ist und dazugehört. Es gibt viele Unternehmen, die auch ohne fremdes Kapital gut gewachsen sind, sondern weil ich glaube, dass wenn es um schnelles Wachstum geht, dann ist das etwas, was die meisten Menschen zum allerersten Mal so aufbauen. Und da ist die Hilfe von Investorinnen und Investoren von unschätzbarem Wert. Und ja, so käme es dann eben auch so, dass man vielleicht auf uns oder andere Marktteilnehmer zukäme, dass man Teil des Startup Ökosystems wird. Und ich würde mich dann freuen, wenn man dann miteinander in den Austausch geht, aber das Allerwichtigste ist dabei, wenn man mit Investorinnen, Investoren spricht. Dadurch, dass die allermeisten Gründerinnen und Gründer feststellen, dass sie hundertmal sich bei jemanden bewerben, bevor sie einmal ein okay bekommen, heißt es, man muss mit dieser Ablehnung umgehen können. Und bei uns ist es auch so, wir lehnen 99 Prozent der Startups, die sich bei uns bewerben, ab. Das heißt, wir müssen 99 Mal eine schlechte Nachricht verschicken, bevor wir eine positive vergeben. Und deshalb ist es mir so wichtig, auch zu sagen: Es geht nicht darum, einen bestimmten Investor, eine bestimmte Investorin zu überzeugen, sondern die investierende Gesellschaft zu finden, die perfekt zu euch passt. Dass ist das eigentliche Geheimnis, die Ablehnung heißt nicht: Ihr seid schlecht, euer Geschäftsmodell ist nicht gut. Sondern das heißt: Ihr passt nicht zu uns oder wir glauben nicht daran. Und davon darf man sich nicht entmutigen lassen.

 

Heike Drexel: Sozusagen der Topf muss den passenden Deckel finden oder umgekehrt.

 

Ingo Dahm: Exakt.

 

SCHLUSSFRAGRE

 

Heike Drexel: Perfekt. Eigentlich habe ich jetzt noch eine Schlussfrage, weil die stelle ich immer am Schluss von meinen Interviews, obwohl das jetzt eigentlich schon das perfekte Schlusswort wäre, aber ich muss sie trotzdem noch fragen: Was würdest du machen, wenn du fünf Millionen Euro im Lotto gewinnen würdest?

 

Ingo Dahm: Wenn ich fünf Millionen Euro im Lotto gewonnen hätte, dann würde ich sie in Capacura investieren. Und ich würde dafür sorgen, dass wir noch mehr Menschen einfach erreichen können. Ich würde das Geld in Marketing investieren, damit wir schneller, einfach der Welt auch zeigen, welche tollen Möglichkeiten es gibt, eben in Startups investieren zu können.

 

Heike Drexel: Danke. Vielen, vielen Dank und tschüss.

 

Ingo Dahm: Ja, danke, dass ich dabei sein durfte.