Fatima Halwani: Also ich glaube, ich weiß nicht, ob es noch eine Designerin auf der Welt gibt, die wirklich alles alleine macht, aber vom Entwurf bis zum fertigen Stück ist alles Eigenarbeit, also von mir selbst. Ich habe keine Schneiderin, die mir hilft, auch Social Media und alles, mache ich alles selber. Es ist halt viel Arbeit und dementsprechend habe ich nicht viel Zeit zu schlafen, aber ich sage immer, das ist nur ein Spruch: Ich habe später im Grab genug Zeit zu schlafen.
VORSTELLUNG
Heike Drexel: Hallo und herzlich willkommen im Podcast Unternehmen im Gespräch, dem Interview Podcast für Unternehmer und Unternehmerinnen. Heute zu Gast ist die Modedesignerin Fatima Halwani, aus Bonn. Hallo Frau Halwani.
Fatima Halwani: Hallo. Danke, dass wir hier sind.
Heike Drexel: Ja, ich finde das auch total klasse. Wir sind hier in Ihrem Atelier in Bonn, umgeben von Nähmaschinen, Schneiderpuppen, Stoffen, Spitze, Samt oder Seide und ganz vielen Stecknadeln. Ihr Markenname ist Fatima Halwani Couture und dank des Wortes Couture lässt sich schon ahnen, welche Art von Mode Sie erschaffen. Ich habe gelesen, dass Ihre wunderschönen Kleiderkreationen von prominenten Damen schon bereits beim Wiener Opernball und auf dem roten Teppich, bei Filmpremieren und der Bambi Verleihung getragen worden sind. Und auch in der Vogue waren ihre Kleider schon zu sehen, wie haben Sie denn das geschafft?
Fatima Halwani: Ich sage mal, es sind alles kleine Ereignisse, die sich aufeinander aufgebaut haben. Es hat schon in der Uni angefangen, dass ich für Let’s Dance gearbeitet habe. Ich hatte Semesterferien und wollte gerne in meinen Semesterferien effizient sein, was dazu lernen und habe dann damals bei der Designerin Katia Convents angefangen, die bis heute noch die Let’s Dance Outfits macht. Und war dann im Anschluss auch bei den Shows dabei. Habe damals da Maxima Bose, Nazan Eckes kennengelernt und das war auch so der Grundstein, der sich dann später ausgezahlt hat, dass diese hübschen Damen dann meine Werke auf den roten Teppichen getragen haben.
WERDEGANG UND DER BLICK HINTER DIE KULISSEN
Heike Drexel: Ja Mensch, super. Können Sie uns denn noch mal ein bisschen auch von Anfang an erzählen, wie Sie denn eigentlich so zum Modedesign gekommen sind?
Fatima Halwani: Das hat schon in meiner Kindheit angefangen. Also ich war ein sehr kreatives Kind. Ich habe sehr, sehr gerne gebastelt, für meine Puppen selber Kleider geschneidert oder Kostüme und habe auch sehr gerne gezeichnet. Ich hatte damals in jedem Unterricht, wo man halt nicht unbedingt mitschreiben musste, nur zuhören, habe ich dann immer Skizzen angefertigt oder Mitschüler gezeichnet, gerne auch Gemälde gemalt. Tatsächlich war es mir aber selber nicht bewusst, dass ich Modedesignerin werden kann, weil ich auch selber gezweifelt habe an mir. Man ist ja von sich selber nicht immer so überzeugt. Das ist ja etwas, wo man, glaube ich, auch ein bisschen von außen, ein bisschen Bestätigung braucht und ein bisschen Mut zusammenreißen muss, dass man auch diesen Weg geht. Ich hatte tatsächlich mehrere Berufswünsche, unter anderem auch Meeresbiologin, was ich sehr, sehr gerne werden wollte, aber es in Bonn schwer war, weil ich nicht unbedingt am Meer gewohnt habe. Und ich habe dann halt tatsächlich ausgewogen, wo meine Stärken liegen. Und dann war das tatsächlich Modedesign, das ich halt in die Richtung gehe.
Heike Drexel: Und Sie haben tatsächlich auch Design studiert, in Düsseldorf, richtig?
Fatima Halwani: Ja, also ich habe erst einmal eine Ausbildung als Textiltechnikerin in Köln absolviert und im Anschluss Modedesign in Düsseldorf studiert.
Heike Drexel: Und können Sie mir denn mal ein bisschen so, sage ich mal so, den Blick hinter die Kulissen gewähren? Also so ein bisschen beschreiben, wie denn so ein Prozess, von so einem Kleid, von dieser Idee bis zur, ja, bis zur Ausführung, wie das so passiert, wie Sie da auch arbeiten.
Fatima Halwani: Also es gibt unterschiedliche Wege. Es gibt einen Weg, also, wenn ich Kollektionen für mich selber designe, arbeite ich wirklich oder lasse mich von den Stoffen inspirieren. Das heißt, ich fühle die Stoffe, ich schaue, wie die Stoffe fließen, wie die fallen und somit kommt mir dann auch eine Idee, welches Design, welcher Schnitt, diesen Stoff am besten zur Geltung bringt. Und daraus entsteht dann tatsächlich das Modell. Andersrum ist es, wenn zum Beispiel eine Kundin etwas möchte, dann entsteht eher die Skizze zuerst, das heißt, ich höre genau zu, wo die Kundin die Vorlieben hat, was sie gerne mag, was sie auch an ihrem Körper gerne mag, was sie gerne zeigen möchte, was sie gerne verbergen möchte, welche Stoffe ihr zusagen, welche Farben. Daraus entsteht erst eine Skizze und dann müssen natürlich der Skizze entsprechend die richtigen Stoffe gefunden werden. Das ist dann der etwas schwierigere Weg, weil man dann natürlich von einem Stoffladen zum nächsten muss und auch manchmal nach Berlin fliegen muss, um da die richtigen Stoffe zu finden.
Heike Drexel: Tatsächlich nach Berlin? Ist das so die Hauptstadt der Stoffe? Das wusste ich gar nicht.
Fatima Halwani: Also ich habe früher viel in Bonn und Köln eingekauft, aber tatsächlich habe ich auch ein Jahr in Berlin gewohnt. Daher kenne ich sehr viele Stoffgeschäfte und große Stoffgeschäfte in Berlin, die einfach eine viel größere Auswahl als hier in NRW haben.
DIE ARBEIT MIT DEN KUNDEN
Heike Drexel: Und wie läuft es denn so ab, wenn jetzt vor allen Dingen Ihre Kundinnen auswärts ist? Ich hatte vorhin mal gehört, dass Sie ja auch sogar Kunden aus Dubai haben und die können ja jetzt nicht zum Beispiel zur Anprobe jedes Mal hierher fliegen. Wie machen Sie das?
Fatima Halwani: Also ich habe tatsächlich im Atelier sehr viele Schneider Büsten und da ich weiß, dass es für einige Menschen etwas kompliziert ist, sich selber zu vermessen, frage ich tatsächlich nur nach dem Brustumfang, Taillenumfang und Hüftumfang und lasse mir von meinen Kunden dann auch Bilder ihrer Figur zuschicken. Also Vorderansicht, Seitenansicht und Hinteransicht und baue so gesehen die Figur der Kundin an der Büste nach. Das heißt, je nachdem kriegt die Puppe dann ein bisschen mehr Oberweite, mehr Hüften oder weniger Hüften. Also so, dass so gesehen die Kundin als Puppe bei mir im Atelier steht und die Puppe permanent die Kleider auch anprobieren kann. Das spart der Kundin sehr viel Zeit mit der Anprobe oder auch Anreisezeit und das ist halt sehr einfach für mich. Also ich stelle das Kleid dann komplett so fertig und schicke es der Kundin einmal zu, zur Anprobe. Wenn das Kleid dann auf Anhieb sitzt, ist es immer schön und ansonsten, wenn jetzt eine Kleinigkeit abgeändert werden muss, kann die Kundin ein Foto machen und es mir zuschicken und das Kleid natürlich auch wieder zurückschicken und dann wird das noch mal angepasst.
Heike Drexel: Und ich habe gerade hier im Atelier gesehen, Sie haben ja auch sogar Kleidergröße 44, weil ich dachte vorhin noch so ein bisschen an größere Figuren, wo man ja auch vielleicht mal ein bisschen Bauch hat. Und da haben sie mir gezeigt, dass man auch das nach modellieren kann. Das finde ich total spannend. Das ist eine super Idee, habe ich noch nie so gehört.
Fatima Halwani: Ja, das ist tatsächlich so, nach außen wirkt das, dass ich alles nur in 36 nähe. Tatsächlich sind nur die Ausstellungsstücke in 36, weil sie dann auch noch für Shootings verwendet werden und auf die Puppen passen müssen, um präsentiert zu werden. Aber von den Kunden her, sage ich mal immer, das Maß Kundin. Also es gibt kein richtiges Maß, sondern es ist wirklich das Kundenmaß. Also sehr wenige Frauen haben vielleicht ein Standardmaß. Alle Frauen, sind ja nicht Standard.
Heike Drexel: Alle sind individuell.
Fatima Halwani: Genau, wir sind sehr individuell und jeder Körperbau ist auch individuell, deswegen ist das gerade so praktisch, wenn man maßgeschneiderte Stücke erhalten kann. Also ich finde, es ist sehr erleichternd. Es ist, finde ich, für keinen Typ Frau leicht einzukaufen, wo man sagen kann, dass sofort etwas auf Anhieb passt. Also es gibt immer etwas, was zwickt oder zu weit ist. Ich kenne es ja von mir selber, dass ich damals, weil ich etwas breitere Hüften habe, aber eine schmalere Taille, oft meine Hosen noch mit Sicherheitsnadeln stecken musste, als ich noch nicht nähen konnte. Das war wirklich schwierig mit dem Einkaufen, muss ich sagen. Deswegen ist es immer toll, wenn ich meinen Kunden dann wirklich ein Lächeln aufs Gesicht zaubere, weil sie dann wirklich etwas haben, was ihnen wirklich wie angegossen passt, ihnen steht, es gut aussieht und sie sich drin wohlfühlen.
Heike Drexel: Gibt es denn etwas, nach dem die Kundinnen immer fragen?
Fatima Halwani: Ja, ob man immer den Bauch weg kaschieren kann. Ja, ich glaube, das ist die typischste Frage. Kann man den Bauch wegmachen? Und tatsächlich arbeite ich oft Shaper in die Kleider mit ein. Ja, das gibt es immer. Ich glaube, fast jede Frau hat den Bauch als Problemzone.
Heike Drexel: Okay, ich fühle mich ja fast ertappt. Zu welchem Anlass werden denn die Kleider nachgefragt, die Sie kreieren?
Fatima Halwani: Also ich schneidere sehr viele Hochzeitskleider und oft sind es aber auch ganze Hochzeitsgesellschaften. Das heißt, Brautmutter, Bräutigam Mutter, Schwägerin. Ich hatte ein paar Mal schon ganze Familien ausgestattet für Hochzeiten. Aber es sind auch verschiedene Events, sei es eine Verlobungsfeier, Hochzeit oder einfach ein besonderer Anlass, wo man sich gerne ein schönes Stück gönnen möchte. Ich mache ja nicht nur Abendroben, also ich mache auch alltägliche Kleidungsstücke, auch Bademode, Dessous. Das, was wirklich die Kundin möchte und was sie jetzt einfach nicht auf dem Markt findet. Weil es ist oft so, dass eine Kundin vielleicht eine bestimmte Vorstellung hat, was sie sich gerne wünscht, aber es gerade nicht in den Geschäften findet. Und deswegen ist es praktisch, wenn man sich das dann anfertigen lassen kann.
WERBUNG UND MARKETING
Heike Drexel: Und wie werden denn die Kundinnen auf Sie aufmerksam? Ich habe gesehen, dass sie sehr aktiv sind in den sozialen Medien. Das ist sicherlich etwas, was sie schon mit Erfolg angestoßen haben. Sie haben auf TikTok viele Follower, Facebook, Instagram. Kommen darüber Kundinnen oder wie kommen die Kundinnen auf Sie zu?
Fatima Halwani: Also durch Social Media, muss ich sagen, kommt tatsächlich ein paar Kundinnen, aber die meisten Kunden kommen tatsächlich durch Empfehlungen und Zufriedenheit. Also im Grunde, wenn eine Kundin einmal bei mir, also die sind immer alle Zufrieden, aber es baut sich auf, sie bleiben dann auch wirklich Stammkunden. Und ich werde auch von meinen Kunden permanent weiterempfohlen. Und Social Media finde ich einfach so, also ich nutze es als Art Portfolio, dass sich die Leute einfach ein Bild machen können, was ich alles kann. Und es ist ja auch so, jeder Designer hat ja eine gewisse Handschrift. Dem einen kann meine Mode zusagen, dem anderen wieder nicht und deswegen ist Social Media, finde ich, auch sehr hilfreich.
Heike Drexel: Ja, ein besonderes Merkmal habe ich gesehen und da musste ich jetzt vorhin gerade schmunzeln, als Sie sagten, Sie wollten vielleicht Meeresbiologin werden. War das auch der Grund, warum Sie so wunderschöne Unterwasserbilder haben, mit den Kleidern? Da gibt es ja eine ganz tolle Fotoserie auf Ihrer Webseite.
Fatima Halwani: Also da wurde ich von einer Meerjungfrau, also sie arbeitet wirklich als Meerjungfrau, auf ein paar Projekte angesprochen und ich war sehr fasziniert davon, weil ich finde es atemberaubend. Ich habe ja auch einige Unterwasserbilder in Korallenriffen und sei es in Ägypten, Teneriffa oder auch auf den Malediven. Also es war jetzt nicht unbedingt der Plan, muss ich sagen, aber man kann es irgendwie-.
Heike Drexel: Sie sind traumhaft schön. Also ich meine, sind die wirklich unter Wasser gemacht?
Fatima Halwani: Ja, ja.
Heike Drexel: Also wie funktioniert das? Also jeder, der das jetzt hört, jede Frau, die das hört, muss sich unbedingt diese Bilder mal anschauen. Die sind so traumhaft schön, wirklich wie so Meerjungfrau Ariel, die durchs Wasser schwimmt. Aber wie funktioniert das?
Fatima Halwani: Also ich war tatsächlich bei einigen Shootings auch dabei, wo die Meerjungfrau, also sie heißt Mermaid Kat. Sie arbeitet als professionelle Meerjungfrau, hat auch in Australien gelebt. Sie macht auch Shootings und Workshops und die hat dann auch die Models, die dann neu dabei waren, angewiesen und Tipps gegeben auf was man achten muss. Zum Beispiel wegen der Berechnung des Lichtes und wie man posen soll und wie man auch atmet. Also tatsächlich soll man leicht Luft holen und die Luft wieder rauslassen, nicht in der Lunge lassen, weil man dann irgendwie es länger aushält unter Wasser, als wenn man jetzt so Pausbacken hat und denkt, man hat mehr Luft eingeatmet und das hilft, dass man länger unter Wasser bleibt. Man muss wirklich sehr gelassen sein, seinen Puls ein bisschen runterdrehen, damit man es auch aushält. Aber man bleibt auch nicht wirklich lange unter Wasser.
Heike Drexel: Ja, man kann es ja gar nicht.
Fatima Halwani: Nein und man hat dann.
Heike Drexel: Das sind Sekunden.
Fatima Halwani: Ja, man hat auch immer eine Sicherheitstaucherin oder Taucher dabei, die dann auch mit einer extra Gasflasche, Sauerstoffmasken-.
Heike Drexel: Sauerstoffflasche.
Fatima Halwani: Sauerstoffflasche und Beatmungsgeräte auch immer in der Nähe sind, dass auch nichts passiert. Aber die Bilder sind traumhaft, sie sind wie gemalt. Viele fragen auch immer: Sind das Fotos oder sind das Aquarellzeichnungen?
Heike Drexel: Oder Inzwischen sind die gemacht mit künstlicher Intelligenz?
Fatima Halwani: Ja, also wirklich, ich wurde so oft gefragt. Und eins der Bilder hat sogar einen weltweiten Preis bekommen als schönste Unterwasserfotografie letzten Jahres. Ja, das ist dieses Kleid mit den zwei grünen Kleidern, falls Sie das gesehen haben.
Heike Drexel: Bestimmt. Ich kann es auch gerne noch mal verlinken in den Shownotes.
Fatima Halwani: Ja, das ist auch eines meiner Lieblingsbilder, muss ich sagen. Es ist sehr schön. Es sieht elfenhaft aus, weil es schwebt alles so schön. Es sieht alles so leicht aus und die Stoffe wirken unter Wasser ganz anders als am Boden, sage ich mal.
Heike Drexel: Ja und ist das ein Kleid, was dann auch tatsächlich eine Kundin kaufen würde oder kaufen kann? Oder ist das jetzt wirklich nur mehr so zum zeigen, was Sie alles können?
Fatima Halwani: Also die Ausstellungsstücke sind immer zum zeigen, was ich kann, aber es gibt auch Kunden, die sie dann nachbestellen. Also diese Unterwasserkleider wurden auch ein paar Mal schon verkauft.
Heike Drexel: Super.
Fatima Halwani: Ja.
INSPIRATIONEN
Heike Drexel: Gibt es denn jemand, der Sie eigentlich inspiriert für Ihre eigene Kreativität?
Fatima Halwani: Das ist immer so schwierig zu sagen. Es ist nicht jemand, sondern man lässt sich ja von allem inspirieren, sei es der Natur, sei es von Tieren, von Pflanzen, von Blüten. Alles kann inspirieren. Also es ist jetzt keine bestimmte Person, aber ich bin als Jugendliche-.
Heike Drexel: Also keiner dieser ganzen Designer, die man so kennt wie Coco Chanel oder Karl Lagerfeld, oder?
Fatima Halwani: Also ich habe Lieblingsdesigner, muss ich sagen. Die auch, sage ich mal, meine Vorbilder sind, aber ich versuche jetzt nicht, die Designer zu imitieren. Also ich bin ein absoluter Fan von Elie Saab und Zuhair Murad und das sind auch, sage ich mal, Designer, die mich vielleicht dazu gebracht haben, dass ich wirklich an mir hart arbeite, dass ich das auch so weit schaffe.
Heike Drexel: Ja, Sie arbeiten auch wirklich sehr hart, denn, wenn ich jetzt alles hier sehe, was Sie hier machen, und Sie machen das alles alleine, richtig?
Fatima Halwani: Also ich glaube, ich weiß nicht, ob es noch eine Designerin auf der Welt gibt, die wirklich alles alleine macht, aber vom Entwurf bis zum fertigen Stück ist alles Eigenarbeit, also von mir selbst. Ich habe keine Schneiderin, die mir hilft, auch Social Media und alles, mache ich alles selber. Es ist halt viel Arbeit und dementsprechend habe ich nicht viel Zeit zu schlafen, aber ich sage immer, das ist nur ein Spruch: Ich habe später im Grab genug Zeit zu schlafen.
Heike Drexel: Oh, den habe ich noch nicht gehört.
Fatima Halwani: Das sage ich immer.
Heike Drexel: Der ist cool. Ich sage immer: Mein Gott, die Ruhezeit ist auch noch in dem Lehnstuhl sitzend, also später mal, wenn man im Lehnstuhl sitzt. Aber der Spruch ist krass.
Fatima Halwani: Also ich würde nicht mal in der Rente aufhören zu arbeiten. Also ich sehe es wirklich vor mir. Ich meine, man weiß ja nicht, wie alt man wird, aber ich glaube auch wenn ich 80 und 90 wäre, ich würde nicht aufhören zu arbeiten.
Heike Drexel: Das ist wahre Leidenschaft.
Fatima Halwani: Ja, also auch wenn ich selber dann nicht mehr so viel machen kann, dann müsste ich doch auf Schneider zugreifen, aber ich würde nicht aufhören. Das habe ich mir immer gesagt. Ich würde nicht aufhören, selbst wenn ich im Rollstuhl sitzen würde.
DIE ARBEIT MIT DEN KLEIDERN
Heike Drexel: Ich meine, wie viel Stunden brauchen Sie denn für so ein Kleid? Ich glaube, es sind ja Kleider die ganz viele, auch diese Swarovski Steine so draufhaben und so.
Fatima Halwani: Also es ist sehr unterschiedlich. Vor ihnen liegt dieses Hochzeitskleid zum Beispiel, das ist ein sehr pompöses Kleid mit 200 Metern Tüll.
Heike Drexel: 200 Meter Tüll.
Fatima Halwani: Ja, erst mal diese Stoffmenge auslegen und zuschneiden. Und wieder zusammenlegen und nähen, das ist der Wahnsinn gewesen. Das war leider im Winter, sonst wäre ich, glaube ich, noch auf dem Fußballplatz gegangen und hätte da die Stoffe ausgelegt, weil ich so viel Platz brauchte. Aber das war wirklich ein Wahnsinnskleid. Das war eine Kundin, die wirklich Last Minute kam. Also sie hatte bis zu ihrer Hochzeit noch nicht mal knapp zwei Monate und sie hatte aber ein Traumkleid, also eine Vorstellung im Sinne und war schon überall und hat dieses Kleid einfach nicht finden können. Und dann hat sie gesagt: Wenn ich mich auf jemanden verlassen muss, dann bist du das und ich vertraue dir nur diese Arbeit an und ob ich das umsetzen kann? Da habe ich ja auch gesagt: Eigentlich ist das sehr knapp in der Zeit, aber ich kriege das schon hin. Und ich bin tatsächlich ein Mensch, der unter Druck gut arbeiten kann. Also ich kann dann sehr schnell arbeiten und effizient. Und ich habe dann natürlich erst mal die Stoffe zusammensuchen müssen. Das ist immer so schwierig, bis man die perfekten Stoffe findet, weil es auch viel Spitze ist. Also es sind sehr viele Blüten, die aufgenäht worden sind und dann habe ich teilweise 20 Stunden am Tag an diesem Kleid gearbeitet, einen ganzen Monat.
Heike Drexel: 20 Stunden am Tag?
Fatima Halwani: 20 Stunden, ja und die letzten paar Tage vor der Abgabe waren es teilweise sogar 22 Stunden und die letzten Tage vielleicht zwei Tage durchgearbeitet. Ja, also es ist wirklich so.
Heike Drexel: Wow.
Fatima Halwani: Ja, es ist anstrengend. Es ist wirklich ein sehr, sehr anstrengender Job, weil ich werde auch immer oft gefragt, ob ich jemanden empfehlen würde, auch Design zu studieren. Dann sage ich auch immer: Ihr müsst von Anfang an wissen, ob ihr auch dafür gemacht seid, weil es ist kein einfacher Job. Es ist überhaupt nicht leicht und man muss auch die Energie dafür haben und die Leidenschaft, sonst macht man das nicht. Und im Endeffekt war es ein sehr schönes Kleid. Sie war sehr zufrieden und hat wirklich vor Freude auch geweint. Man schläft dann einen Tag durch und dann geht es weiter, dann zum nächsten Marathon. Ich habe auch im Atelier eine Yogamatte und wenn ich dann manchmal wirklich erschöpft bin, dann lege ich mich kurz drauf, wegen meinem Rücken, um einfach zu verschnaufen. Und dann geht es wieder weiter.
Heike Drexel: Ja, Wahnsinn.
Fatima Halwani: Ja.
FINANZIERUNG UND KRISEN
Heike Drexel: Mal ganz praktische Frage, das müssen Sie ja alles vorfinanzieren, die ganzen Stoffe oder bekommen Sie von Ihren Kunden dann eine Anzahlung oder so? Die ganze Arbeit, die da drinsteckt? Was ist, wenn der kurz vorher einfällt: Oh Gott, ich will jetzt doch nicht heiraten.
Fatima Halwani: Also ich bin ja zum Glück nicht seit gestern erst im Geschäft. Also ich habe schon viele negative Erfahrungen sammeln müssen. Tatsächlich war ich damals selbstständig, aber hatte auch noch einen Teilzeitjob für eine Designfirma, um mir das überhaupt alles finanzieren zu können, habe ich auch viele externe Jobs angenommen. Also auf freiberuflicher Basis oder auch als Teilzeit Einstellungen, weil das einfach nicht einfach war, weil ich alles vorfinanziert hatte. Und dann hatte ich tatsächlich damals auch Kunden gehabt, die Sachen bei mir bestellt haben, wo ich die Stoffe gekauft habe, die Swarovski Kristalle und wo ich dann auf den Sachen dann sitzen geblieben bin und die sind dann einfach nicht gekommen, haben die Sachen nicht abgeholt. Haben es dann auch nicht bezahlt und das war mir, sage ich mal, eine große Lehre, deswegen mache ich das jetzt ganz anders. Also eine Kundin kommt zur Besprechung, wir halten alles fest. Also sie kriegt einen Entwurf, ich nehme die Maße und dann kriegt sie den Preisvorschlag, wie viel das Kleid kosten wird, mit den jeweiligen Stoffen und nimmt dann eine Anzahlung. Also dann wird eine Anzahlung von 50 Prozent überwiesen und erst wenn die Überweisung wirklich auf dem Konto ist, kaufe ich die Stoffe ein, sonst nicht mehr. Aber das sind auch Sachen, die lernt man erst, wenn man auf die Nase gefallen ist.
Heike Drexel: Das ist schon mal ein guter Anfang zur Überleitung meiner Frage, die ich auch sonst hatte, nämlich tatsächlich: Haben Sie schon so Krisen auch erlebt, jetzt in ihrem Geschäft?
Fatima Halwani: Also wie zum Beispiel die Kunden, die diese Sachen nicht abholen oder Kunden, wo man die Stücke zugeschickt hat und Fake Adressen bekommen hat, dann auch die Überweisung nicht bekommen hat und die Kleider auch verloren. Also sagen wir, man hat alles mitgemacht und alles erlebt. Deswegen kann man das auch mittlerweile nachvollziehen, dass auch viele Firmen nur noch auf Vorkasse arbeiten, weil es leider einfach diese Betrugsfälle gibt. Und ich arbeite auch, wie gesagt, 50 Prozent auf Vorkasse, einfach aus dem Grund, weil manchmal hat man selber auch Neukunden, die ich auch nicht kennen und die wissen ja auch nicht, ob man mir vertrauen kann. Deswegen sage ich immer als Vertrauensvorschuss 50 Prozent und die anderen 50 Prozent, wenn das Stück fertig ist und wenn man zufrieden ist.
RATSCHLÄGE UND GESCHICHTE VON FRAU HALWANI
Heike Drexel: Gibt es noch irgendwas, was Sie jetzt zum Beispiel jemanden anderem raten würden, der sich auch als Designer oder Designerin selbstständig machen möchte?
Fatima Halwani: Ja erst mal doch hart arbeiten und genug Kapital aufsammeln.
Heike Drexel: Also die beiden, aus diesen beiden Dingen.
Fatima Halwani: Ja, weil ich bin tatsächlich direkt ins kalte Wasser gesprungen. Ich habe ja sofort nach meiner Uni meinen ersten Laden gehabt. Also nach dem Uniabschluss habe ich sofort nach einem Laden gesucht.
Heike Drexel: Sie hatten in Bonn ein Geschäft vorher, hatten Sie mir erzählt.
Fatima Halwani: Ja, also es war eine Art Showroom, also ein schönes Ladenlokal mit drei Glasfassaden und eine Wandfassade. Also man hatte, ja eine schöne Präsentationsfläche, aber ich konnte von da aus nicht arbeiten. Also ich habe mich erstens sehr beobachtet gefühlt und ich fand es halt nicht schön, da noch Nähmaschinen aufzustellen. Also ich hatte den Laden sehr schön eingerichtet, mit einer schönen Couchgarnitur für die Kunden, mit den Kleidern. Also es war eher so eine schöne Präsentationsfläche und ich hatte damals dann von zu Hause aus die Stücke genäht und dann hatte ich eine Zeit lang so viele Aufträge, dass ich das zeitlich nicht mehr wirklich geschafft habe.
Heike Drexel: Pendeln quasi, also dann pendeln müssen.
Fatima Halwani: Ja, also ich hatte tatsächlich auch in der Innenstadt gewohnt, also ich hatte zu Fuß nur fünf Minuten zum Laden, aber dann war es auch immer so ein hin und her, wenn ich zum Laden musste. Und dann hatte ich auch meine Telefonnummer hinterlassen, weil viele Kunden dachten, dass es ihr zu gut geht, dass sie faul ist und nicht mehr im Laden erscheint, dabei war ich sehr viel am Nähen. Und dann habe ich meine Nummer wirklich hinterlassen, dass ich am Schneidern bin und wenn jemand in den Laden möchte, was anprobieren, gerne anrufen kann. Ja, aber es war mir dann wirklich sehr stressig. Das habe ich dann eine Zeit gemacht, bis 2012 und dann habe ich tatsächlich den Laden dann auch aufgegeben.
Heike Drexel: Jetzt haben Sie alles in einem.
Fatima Halwani: Jetzt habe ich alles in einem, ja.
ZUKUNFTSPLÄNE
Heike Drexel: Genau, das ist da, wo wir hier sitzen. Was haben Sie denn noch so für die Zukunft vor?
Fatima Halwani: Also tatsächlich habe ich wirklich große Pläne. Also ich hatte schon immer große Pläne gehabt. Man kann natürlich nicht beeinflussen, wann es alles eintrifft, wann es so gut läuft, wie man sich das wünscht. Aber ich denke mal, ein Mensch, der wirklich fleißig ist, der kriegt das auch irgendwann richtig zurück. Also es zahlt sich irgendwann alles aus. Also aktuell mache ich viele regionale Werbung. Ich hatte früher auch viel mehr internationale Werbung gemacht. Ich war international in Magazinen, hatte auch in Amerika einen Designerpreis gewonnen, als beste Designerin 2014 zum Beispiel. Und es war halt sehr gestreute Werbung, muss ich sagen. Und jetzt mache ich eher viel regional, weil natürlich habe ich auch Auslandskunden, aber ich habe jetzt auch gemerkt, dass es für viele Kunden ein bisschen schwieriger ist, im Ausland etwas zu bestellen, umständlicher. Und deswegen dachte ich mir, dann baue ich mir das erst mal jetzt ein bisschen mehr regional auf, weil es für die Kunden einfach einfacher ist, mal kurz vorbeizukommen, etwas anzuprobieren oder einen auch persönlich kennenzulernen.
Heike Drexel: Also Sie fokussieren sich jetzt auf die Region, hier Bonn und drumherum.
Fatima Halwani: Jetzt aktuell, genau. Aktuell Regionen Bonn, Köln, Düsseldorf, Koblenz. Und ich habe aber natürlich auch noch ein bisschen was mit Dubai, aber ich konzentriere mich jetzt eher regional.
FOTOSHOOTING IN BONN
Heike Drexel: Und bei dieser Gelegenheit habe ich ja gesehen, haben Sie ja so ein wunderschönes Fotoshooting gehabt, jetzt hier bei der Kirschblüte in Bonn. Das hat es ja auch in die Zeitung geschafft.
Fatima Halwani: Ja, also das war auch noch mal so ein Herzenswunsch, muss ich sagen. Ich bin ja ein absoluter Frühlingsmensch. Ich liebe Pflanzen. Ich liebe es eigentlich auch, im Garten zu hocken und Blumen zu pflanzen.
Heike Drexel: Aber dafür haben Sie keine Zeit.
Fatima Halwani: Nein, aber manchmal mache ich das. Also tatsächlich habe ich mir manchmal ein paar Tage Zeit genommen, um den Garten zu bepflanzen und den Balkon. Das muss manchmal einfach sein.
Heike Drexel: Klar.
Fatima Halwani: Ja, und wie gesagt, also ich bin der absolute Frühlingsmensch. Ich liebe Pflanzen, ich liebe Blumen. Normalerweise habe ich hier sehr viele Blumen, aber ich musste sie gerade entsorgen und habe es nicht mehr in die Stadt geschafft. Und vor einigen Jahren hatte ich tatsächlich auch ein Shooting zur Kirschblütenzeit geplant, auf der Heerstraße, aber dann hatte das Wetter nicht mitgespielt, da hat es leider geregnet. Und dann hat sich das verschoben und dann ist es ein bisschen so verloren gegangen mit der Idee, mit dem Shooting. Und dann hat sich das aber dieses Jahr wieder ergeben. Dieses Jahr habe ich mir gedacht: Komm, weil wir jetzt viel mehr regional machen. Und ich arbeite momentan auch mit Frau Lenninger, sie hilft mir ein bisschen, was PR angeht. Und sie hat dann auch gesagt: Komm, dann können wir das dieses Jahr machen, weil wir jetzt sowieso mehr regional Werbung machen, dann passt das auch. Ja, und dann habe ich dieses Jahr den 18. April angesetzt und am 17. war es so regnerisch morgens. Ich habe so Depressionen bekomme. Ich dachte: Oh nein, bitte nicht noch einmal. Ich hatte wirklich so Angst gehabt, dass es wieder nicht klappt, aber wir hatten wirklich so Glück gehabt. Wir hatten so ein schönes Wetter, es war so schön sonnig und die Bilder sind wirklich traumhaft. Ich habe die Bilder schon vom Fotografen gesehen, also unbearbeitet, sehr schön, auch ein bisschen retuschiert, auch wunderschön. Und die werden demnächst auch veröffentlicht.
Heike Drexel: Ja, also auch noch in einer Modezeitung?
Fatima Halwani: Ja, also-.
Heike Drexel: Dürfen Sie wahrscheinlich jetzt nicht sagen.
Fatima Halwani: Noch nicht, nein.
Heike Drexel: Das ist noch ein kleines Geheimnis.
Fatima Halwani: Ist noch eine Überraschung und wird dann im Anschluss gepostet.
VISION DER ZUKUNFT
Heike Drexel: Ja, super. Das finde ich ja super. Und sonst haben Sie irgendwie so eine Vision, dass Sie sagen, was weiß ich, in fünf Jahren möchte ich jetzt 20 Angestellte haben.
Fatima Halwani: Ja, die habe ich jetzt schon.
Heike Drexel: Ja, jetzt schon? Oder ich möchte mal noch auf, ja, jetzt haben Sie gesagt, Sie möchten sich eher regional fokussieren. Aber ich hatte auch mal gehört, dass Sie gesagt haben, Sie möchten gerne auf die Fashion Week nach Paris.
Fatima Halwani: Ja, sehr gerne, weil es die absolute Modestadt ist. Also ich fokussiere es. Also ich muss sagen, ich denke mal, ein Mensch braucht schon Ziele und Wünsche und Träume, damit man nicht, sage ich mal, unbeirrt durch die Welt läuft. Man braucht wirklich, sage ich mal, eine Route, also einen Plan, wonach man gehen möchte. Und das hatte ich eigentlich auch immer damals gehabt, dass ich gesagt habe, ich werde erst mal die Ausbildung als Textiltechnikerin machen, dann Design studieren, dann werde ich Erfahrung sammeln. Ich habe wirklich in vielen Betrieben auch Erfahrungen gesammelt. Das war mir auch sehr, sehr wichtig, weil ich bin ein Mensch, ich schätze Qualität, aber ich möchte auch Qualität bieten. Und selbst ohne genügend Erfahrung kann ich ja nicht die Qualität bieten, die dann ein Kunde auch wirklich verdient. Und das war mir damals immer sehr wichtig. Ich habe mir auch damals gesagt: Ich möchte gar nicht so groß werden, bevor ich selber nicht mit mir so zufrieden bin, dass ich die perfekte Arbeit liefere, die auch jeder verdient. Deswegen habe ich auch viel an mir selber gearbeitet, also viele Kleider gemacht, viele Shootings und so weiter. Das ich selber so viel geübt habe, dass ich jetzt sagen kann: Ich kann jedem das perfekte Stück machen, wo auch jeder zufrieden mit ist. Und ja, mit dem Kameha, mit meiner Ausstellung.
Heike Drexel: Stimmt, das müssen wir noch vielleicht ergänzen für unsere Zuhörer*innen.
Fatima Halwani: Genau, deswegen zum fokussieren. Also damals bin ich immer, wenn ich über die Brücke gefahren bin, habe ich immer Richtung Kameha geschaut, am Rhein. Und ich fand es immer so schön, dieses Hotel, so erstaunlich groß und einfach am Rhein. Und wir haben ja nicht viele schöne Objekte am Rhein, also es ist ja eher weniger am Rhein. Und dann hat man im Hintergrund den Petersberg und allgemein das Siebengebirge, den Drachenfels. Und ich habe mir immer gedacht: Ach, das ist so ein schönes Hotel. Und ich war auch selber Kameha zu ein paar Terminen. Und dann dachte ich mir immer so: Meine Stücke würden da sehr gut zur Geltung kommen. Und tatsächlich hat sich das dann auch ergeben, dass mittlerweile meine Stücke im Kameha ausgestellt werden, im Sinne einer Pop-Up Ausstellung. Und genauso fokussiere ich jetzt jeden Tag, dass ich mit meiner Arbeit so erfolgreich werde, dass ich demnächst zehn oder 20 Schneider habe. Die mir einfach ein bisschen helfen können, weil ich einfach, ich bin ehrlich, ich bin erschöpft mit der Schlaflosigkeit.
Heike Drexel: Das glaube ich.
Fatima Halwani: Ja, es ist anstrengend. Also man würde sich selber anlügen, wenn man sagt: Ach nein, ich schaffe das. Ich bin auch nicht mehr die Jüngste und ich merke das.
Heike Drexel: Wie alt sind Sie?
Fatima Halwani: 38.
Heike Drexel: Ja, das ist alles relativ.
Fatima Halwani: Ja, Anfang 20 habe ich manchmal drei Tage am Stück nicht geschlafen, da war ich noch fit. Aber wenn ich jetzt so zwei Tage nicht schlafe, dann bin ich den dritten Tag wirklich fertig. Also das ist anstrengend und deswegen sage ich: Also, jetzt fokussiere ich mich. Ich muss so erfolgreich sein, es muss so gut laufen, dass ich bald einfach zehn, 20 Schneiderin einstellen kann. Ja, weil das Problem ist, ich habe wirklich viele Ideen. Also ich bin zum Glück oder Gott sei Dank, auch wirklich ein kreativer Mensch. Ich brauche wirklich nur einen Stoff anzufassen und habe dann sofort die Version, was daraus gemacht werden kann.
Heike Drexel: Das hatten Sie mir vorhin im Vorgespräch auch schon mal erzählt und da habe ich ja auch selber sofort den Gedanken gehabt, das ist wie ein Bildhauer. Es gibt ja Bildhauer, die gesagt haben, sie sehen ein Stück Marmor und wissen sofort, was sie daraus machen können. Sie haben eine Vision, das ist toll.
Fatima Halwani: Und ich habe wirklich so diese visuelle Denkungsart. Also, wenn ich jetzt einen Stoff anfasse, habe ich wirklich den kompletten Schnitt. Ich habe sogar, je nachdem das Model schon im Kopf, was es tragen kann. Und das ist etwas, was mich dann ärgert, weil ich alleine nicht so schnell arbeiten kann. Ich kann ja schnell mit dem Finger schnipsen, dann ist ein Kleid fertig, das kostet leider Zeit. Also je nachdem, vom Aufwand, eine Woche bis zwei, drei Monate Arbeit, kann ein Kleid schon in Anspruch nehmen und dementsprechend kann ich diese ganzen Ideen, die in meinem Kopf herumschwirren, nicht wirklich so schnell umsetzen. Also wer weiß, vielleicht demnächst einen 3D-Drucker am Gehirn anschließen. Wer weiß, vielleicht ist man bald so weit mit dieser künstlichen Intelligenz. Dann können Sie meine Ideen anzapfen.
Heike Drexel: Das könnte sein.
Fatima Halwani: Und deswegen wünsche ich mir tatsächlich, dass es dann wirklich so gut anläuft, dass ich dann genug Schneider habe, weil dann kann man schneller die ganzen Ideen umsetzen. Dann gehen sie auch nicht verloren, weil ich meine, ich fasse den Stoff an, dann habe ich die Idee, dann fasse ich den nächsten Stoff auf, dann habe ich wieder die nächste Idee. Und so gehen auch ein paar Ideen leider auch verloren.
WAS KOSTEN DIE KLEIDER?
Heike Drexel: Mit was müsste man denn eigentlich auch rechnen, wenn Sie jetzt so erzählen, dass so viel Zeit in diesen Kleidern steckt und so viele hochwertige Stoffe da verarbeitet werden?
Fatima Halwani: Mit dem Kostenpunkt. Ja, das ist auch eine häufig gestellte Frage. Und zwar, ich versuche dann wirklich, meinen Kunden entgegenzukommen. Und oft ist das ja so, dass so eine Kundin schon sich Gedanken gemacht hat: Wie teuer darf ihr Hochzeitskleid sein? Und bevor man den Leuten, sage ich mal, eine Skizze macht und sie sich in das Kleid verlieben und dann die Hoffnung zerstört, weil das nicht realisierbar ist, wegen der Kosten. Dann frage ich immer die Kunden: Was könnt ihr in so ein Kleid investieren oder was möchtet ihr gerne rein investieren? Wie viel darf es euch kosten? Dementsprechend kann ich schon von vornherein die verschiedenen Stoffe einkalkulieren. Also es gibt ja Stoffe, die sage ich mal, 10 Euro der Meter kosten. Es gibt Stoffe, die kosten 500 Euro der Meter. Also es ist wirklich so unterschiedlich. Eigentlich gibt es nach oben-.
Heike Drexel: Keine Grenzen.
Fatima Halwani: Keine Grenze, ja. Und dementsprechend frage ich immer die Kunden, weil ich möchte mich auch der Kundin ein bisschen antasten, in welcher Qualität sie sich etwas vorstellt? Es gibt Kunden, denen ist das egal, wenn sie ein Polyesterkleid tragen, es gibt Kunden, sie möchten Seidenkleid haben und das ist alles wichtig zu wissen. Und das kalkuliere ich dann auch mit meinen Kunden, sodass sie dann auch wirklich zufrieden sind und keine böse Überraschung bekommen, mit einer Rechnung, die sie sich so nicht vorgestellt hatten.
Heike Drexel: Aber ich denke mal, in einem vierstelligen Bereich liegen wir da auf jeden Fall, mindestens.
Fatima Halwani: Also, ja bei den groben fängt man schon bei 1.000 Euro an. Also da ist es noch mal davon abhängig, wie viel Arbeit investiert wird. Also, es ist wie gesagt, das Material ist sehr, sehr wichtig und das Design und dementsprechend die Arbeit, die da drinsteckt.
Heike Drexel: Mhm. (Bestätigend)
Fatima Halwani: Deswegen muss man halt wirklich sich auch selber Gedanken machen, auch im Vorfeld. Ich habe leider auch manchmal Termine, die dann für mich auch ein bisschen verlorene Zeit sind, weil dann Kunden kommen und möchten ein Kleid haben und haben vielleicht eine Vorstellung, dass es nur 200 Euro kostet. Und das ist einfach nicht realisierbar, weil für 200 Euro kriegt man oft noch nicht mal das Material und dann ist die Arbeit noch nicht mal mit kalkuliert. Und da muss man sich als Kunde vielleicht selber so ein bisschen Gedanken machen oder vielleicht mal kurz fragen: Wie teuer können Stoffe sein oder sonstiges? Oder einfach selber mal kalkulieren: Wie viel kann ich überhaupt investieren? Wie viel wäre ich den bereit zu investieren? Es sind ja keine Kleider von der Stange, die in China, sagen wir, für ein paar Cent produziert worden. Das ist auch noch mal ein wichtiger Punkt, ich habe ja wirklich für viele verschiedene Firmen gearbeitet. Ich habe auch in China gearbeitet. Ich habe hier in Deutschland zum Beispiel für eine Firma die ganzen Entwürfe gemacht, das ganze Design und war dann auch für die Produktionszeit in China und habe dann die Produktion geleitet und ich weiß dann halt einfach, wie die Preise sind. Also zum Beispiel, wenn Sie hier ein Stück im Laden für 100 oder 200 Euro kaufen, können Sie davon ausgehen, dass es in der Produktion 2 Euro gekostet hat.
Heike Drexel: Wie bitte?
Fatima Halwani: Ja, 2 Euro in China, weil das Material wird ja schon in China produziert und die Mitarbeiter kriegen ja kaum was. Also wir hatten mal in der Uni so eine Sitzung, da hatte die Dozentin eine voll funktionsfähige Jacke mit Nanobeschichtung und so weiter und wir sollten abschätzen, wie viel diese Jacke kostet in der Produktion, mit Material? Und jeder hat einen Wahnsinnspreis angegeben und dann hat er die Jacke glaube ich 5 Euro gekostet, mit Material und Fertigung. Also ist es heutzutage teilweise-.
Heike Drexel: Ist der Rest dann Marketing oder Logistik, Werbung?
Fatima Halwani: Ja, also teilweise werden auch manche Designer Sachen auch im Ausland, in China produziert, die auch hier sehr teuer verkauft werden, deswegen achte ich ja mittlerweile selber so sehr drauf. Viel wird dann in Marketing tatsächlich gesteckt. Also, man hat dann auch die teuren Models, die berühmten Models oder die teuren Influencer, aber das Produkt selbst oder die Schneider, die verdienen nichts, also die Schneider. Und wenn man sieht, unter was für Voraussetzungen auch die Schneider arbeiten, dann möchte man eigentlich, wenn man ein Mensch mit Gewissen ist, das gar nicht tragen. Und das war auch somit ein Grund, warum ich nie in Richtung Massenfertigung wollte. Ich habe mir immer gesagt: Nein, ich bleibe bei den einzelnen Stücken und auch wegen der Umwelt, weil wenn man selber sieht und selber vor Ort war, was für eine Umweltverschmutzung das ist, dass zum Beispiel Stoffe gefärbt werden und dann die Farbe einfach auf die Straße geschüttet wird. Oder wenn man mit einem Schiff von Hongkong nach Shenzhen fährt, also mit der Fähre und dann auf dem offenen Meer so viel Müll sieht, dann kann man davon ausgehen, dass es eine sehr große Umweltverschmutzung ist. Und deswegen wollte ich immer Richtung maßgeschneiderte Stücke und Einzelstücke und natürlich auf Bestellung. Das heißt, ich habe keine Überproduktion. Ich produziere wirklich nur Stücke, die auch getragen werden, die gekauft werden, die qualitativ sind, die auch öfters getragen werden. Also wir sind in so einer Gesellschaft, wo man denkt, dass man ein Kleidungsstück nur einmal trägt, für einen besonderen Anlass. Das stimmt nicht. Ich habe auch mir selber einen Zweiteiler genäht, das ist ein Rock und ein Oberteil und die hatte ich gefühlt schon auf, ich glaube, fünf oder sechs Veranstaltungen an. Und ab und zu auch unterschiedlich kombiniert, weil ich weiß, was für eine Arbeit drinsteckt. Und es ist einfach viel zu schade, diese harte Arbeit nicht zu würdigen. Und das macht man nicht mit den ganzen Sachen, die, sagen wir mal, in China produziert werden.
VORLIEBEN IN DER KLEIDUNG
Heike Drexel: Was tragen Sie denn dann selbst eigentlich am liebsten?
Fatima Halwani: Also ich nähe viele Sachen selber, wenn ich das zeitlich schaffe, Blusen, Tuniken. Und wenn ich Sachen kaufe, achte schon darauf, was ich kaufe. Also qualitative Sachen, die dann auch lange halten, dass man jetzt nicht jeden Tag irgendwie neue Sachen shoppen muss. Und wenn ich Sachen nicht mehr tragen möchte, dann verschenke ich sie. Ich schmeiße sie dann nicht einfach weg. Man muss einfach bewusster mit Mode umgehen oder vielleicht einfach allgemein mit allem ein bisschen bewusster.
Heike Drexel: Ja, wobei das ja auch, glaube ich, schon ein Trend jetzt gerade ist. Also ich glaube, es wird immer mehr Menschen bewusst.
Fatima Halwani: Gott sei Dank. Ja, als ich angefangen habe, tatsächlich nicht. Aber wie gesagt, weil ich das einfach selber gesehen habe und ich bin ja so ein Naturmensch. Und dann dachte ich mir: Nein, ich möchte nicht meinen Beitrag dazu auch beitragen. Also das muss nicht sein.
AUSSTELLUNG IM KAMEHA
Heike Drexel: Wir hatten vorhin über das Kameha gesprochen, da wollte ich noch den Hinweis geben, dass man eben ihre Kleider da ja auch nach wie vor sehen kann. Die Ausstellung, ich weiß nicht, wie lange geht sie noch?
Fatima Halwani: Also sie ist tatsächlich bis jetzt unbegrenzt.
Heike Drexel: Sie ist unbegrenzt, wunderbar.
Fatima Halwani: Also je nachdem wechsle ich auch die Stücke. Also es gibt jetzt keinen bestimmten Zeitraum, wann die Stücke ausgewechselt werden. Also jetzt zum Beispiel vor zwei Wochen noch, also ich habe da sieben Puppen, also sieben Modelle und die Modelle waren dann in den typischen Kameha Farben, also rot, gold, weiß, schwarz. So, und jetzt aktuell sind da eher Frühlingsfarben, rosa Thöne, pink. Ich versuche es ein bisschen der Saison anzupassen, dass ich dementsprechend da die Modelle aufstelle und auch der Verfügbarkeit, weil die Stücke reisen auch oft um die Welt ohne mich, zum Beispiel nach Kapstadt. Und werden dann auch fotografiert, für zum Beispiel Magazine. Und dementsprechend schaue ich halt, wie es als Gesamtbild gut aussieht, dass dementsprechend auch die Stücke ausgestellt werden.
Heike Drexel: Und die sind, wenn man reinkommt, gleich in dem Eingangsbereich, direkt bei der Bar?
Fatima Halwani: Ja, genau, die kann man nicht verfehlen.
SCHLUSSFRAGE
Heike Drexel: Kann man nicht verfehlen, sehr schön. Ja, ich würde gerne zum Schluss kommen und habe da immer eine Frage, die ich all meinen Gästinnen und Gästen stelle. Und zwar, passt auch, glaube ich, ganz gut. Was würden Sie denn machen, wenn Sie 5 Millionen Euro im Lotto gewinnen würden?
Fatima Halwani: Da habe ich schon drüber nachgedacht. Ich habe auch schon mal gespielt, aber es hat nicht geklappt. Ja, ich würde mir tatsächlich mein Geschäft viel größer aufbauen. Aber was mir auch wichtig ist, da kommen wir wieder zum Punkt, Schneider verdienen leider sehr, sehr wenig Geld und ich würde gerne so ein Unternehmen gründen, wo die Leute auch fair bezahlt werden und wo man auch wirklich gerne arbeiten geht. Dass es einem Spaß macht, dass man nicht nur arbeitet, um sich irgendwie seinen Lebensunterhalt zu sichern, sondern dass es wirklich Freude macht da zu arbeiten. Das wäre mir halt wichtig. Und das wäre natürlich mit so einer Summe umsetzbar, dass man den Mitarbeitern auch diese Freizeit geben kann. Und ich denke noch ein bisschen weiter. Tatsächlich wollte ich auch die Möglichkeit geben, dass man je nachdem mit den Schneidern einen Betreuungsraum für kleine Kinder hat, weil es ja heutzutage sehr schwierig ist, ich kriege das immer wieder mit, dass es mit Kitas sehr schwierig ist. Ich hatte zum Beispiel eine Schneiderin hier zur Probearbeit und das hat dann im Endeffekt nicht geklappt, weil sie eine kleine Tochter hat und das total schwierig war für sie. Also man ist da leider als Mutter, wenn man arbeitet, ist man da sehr stark eingeschränkt und gebunden. Und das wollte ich gerne erleichtern. Also dass man wirklich Frauen die Möglichkeit gibt.
Heike Drexel: Und Männern, die Väter.
Fatima Halwani: Und Männer.
Heike Drexel: Die sind nicht nur Babysitter.
Fatima Halwani: Ja, wenn die gut nähen können, warum nicht? Ja.
Heike Drexel: Nein, ich meine, für die Betreuung.
Fatima Halwani: Okay, ja. Das gibt es selten, also tatsächlich gibt es Männer, die auch Vaterschaftsurlaub nehmen, aber das ist eher seltener der Fall.
Heike Drexel: Also sagen wir mal so, es nehmen inzwischen schon viele Männer diese zwei Monate auf jeden Fall. Aber es ist tatsächlich schon noch leider selten, dass Männer so viel Anteil an der Care-Arbeit übernehmen wie die Frauen. Nach wie vor sind wir da, glaube ich, noch nicht auf einem richtig guten Weg, oder da sind wir noch nicht komplett auf dem Weg der Gleichberechtigung.
Fatima Halwani: Ja, ich glaube, das wird noch schwierig.
Heike Drexel: Das dauert noch ein bisschen, aber wir geben ja die Hoffnung nicht auf.
Fatima Halwani: Wir sind das stärkere Geschlecht.
Heike Drexel: Genau.
Fatima Halwani: Deswegen müssen wir so viel machen.
Heike Drexel: Ja, Frau Halwani, ich bedanke mich ganz, ganz herzlich für dieses Gespräch und dass Sie vor allen Dingen auch jetzt die Zeit sich genommen haben, dass wir miteinander sprechen können, weil ich ja jetzt erst recht weiß, wie wenig Zeit sie haben. Umso mehr freut mich das total. Ich fand es total schön miteinander zu sprechen.
Fatima Halwani: Ich danke Ihnen ebenfalls. Ich danke auch für Ihr Interesse und auch dieses schöne Interview, muss ich sagen. Es hat Spaß gemacht.
Heike Drexel: Das freut mich. Danke und tschüss.
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