Heike Drexel: Herzlich willkommen zum Interview Podcast Unternehmen im Gespräch. Mein Name ist Heike Drexel und ich bin heute zu Gast bei Isabel Apiarius-Hanstein Co-CEO des Kunsthauses Lempertz am Neumarkt. Hallo, herzlich willkommen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Hallo, ich freue mich.
DAS AUKTIONSHAUS LEMPERTZ
Heike Drexel: Ich freue mich auch. Vor allen Dingen, weil ich habe ja recherchiert, dass das Kunsthaus Lempertz wirklich richtig schon alt ist. 1845 schon gegründet oder zumindest da fängt die Historie an. Dann sind Sie gemeinsam jetzt mit Ihrem Vater, ist es das derzeit weltweit älteste Auktionshaus in Familienbesitz. Wow.
Isabel Apiarius-Hanstein: So ist es.
Heike Drexel: Und seit über 100 Jahren haben Sie hier Ihren Stammsitz in der Kölner Innenstadt. Wir sind jetzt hier, auch hier am Neumarkt, die anderen Standorte sind ja Berlin, München, Brüssel und Mailand. Was ich ganz toll finde, jetzt gerade, wenn man zu Ihnen hier reinkommt, ist das ja vor dem Eingang hier diese, ja ich weiß nicht, vier Meter hohe Bronzeskulptur ist, von dem Balzac, die also Rodin gemacht hat, im Ursprung. Man braucht also nicht bis Paris fahren, um sie zu sehen, das finde ich echt super. Das ist ein tolles Kunstwerk hier im öffentlichen Raum, aber ich habe gelesen, dass das gar nicht auf Dauer ist. Stimmt das?
Isabel Apiarius-Hanstein: Na ja, also es ist natürlich mit der Kunst im öffentlichen Raum, das kann man ja nicht selber entscheiden, dass man das jetzt einfach dahinstellt, sondern das ist natürlich eine Absprache mit der Stadt. Und auch da gibt es unterschiedliche Ausschüsse, die das Genehmigen und eben auch in die Wege leiten. Und das war eine etwas schwierige Geburt, hat dann aber schlussendlich zu unserem Glück auch funktioniert und wir sind da sehr glücklich darüber.
Heike Drexel: Sie haben das ja auch komplett finanziert.
Isabel Apiarius-Hanstein: Richtig, genau. Ja, also im Moment ist es so, dass es jetzt für zwei Jahre geplant ist. Wir würden es gerne länger haben, für die Stadt Köln war das jetzt der erste Schritt, einfach für zwei Jahre das zu genehmigen. Danach wird man weitersehen.
Heike Drexel: Also wäre es noch nicht gesehen hat, sollte unbedingt hier jetzt mal zum Neumarkt kommen. Wie kann man sich denn jetzt eigentlich so ein Auktionshaus vorstellen? Also, ich glaube, viele Menschen haben bestimmt schon mal, was von dieser Auktion bei Sotheby’s gehört, mit dem Bansky Bild, was da zerschreddert worden ist. Nachdem da jemand, ich glaube, wie viel 18, 16 Millionen Pfund dafür zahlen wollte. Aber jetzt mal so aus Ihrer Alltagserfahrung, aus Ihrem Leben, aus Ihrem Business, wie kann man sich das eigentlich so vorstellen, so ein Auktionshaus?
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, also scherzhaft sage ich immer: Ich bin Gebrauchtwagenhändlerin. Weil es natürlich so ist, dass die Dinge, die wir anbieten, jetzt, egal in welcher Abteilung-. Wir sind nicht nur das älteste Auktionshaus in Deutschland, also vor allem in Familienbesitz, aber auch von den deutschen Häusern sind wir auch das älteste, sondern wir sind eben auch das Größte, was die Bandbreite angeht, der unterschiedlichen Auktionen, die wir anbieten. Und wir sind ein Kunst-Auktionshaus und dementsprechend bieten wir wirklich alles an, was im weitesten Sinne mit Kunst zu tun hat. Wir versteigern zum Beispiel moderne Kunst, zeitgenössische Kunst und Fotografie, aber auch alte Kunst. Kunstgewerbe, darunter versteht man Porzellan, Silber, Möbel und auch Tapisserien, aber auch Schmuck und Uhren. Letzte Saison haben wir auch Luxusgüter wie Hermès Taschen angeboten, also wir bleiben da immer flexibel. Wir haben auch etwas exotischere Abteilungen für ostasiatische Kunst und auch für afrikanische Kunst. Und am Ende des Tages ist es eigentlich relativ simpel, jemand besitzt etwas, weiß vielleicht auch gar nicht, was es ist, oder weiß ganz genau Bescheid, möchte dies veräußern und da kommen wir ins Gespräch. Also wir helfen dabei, wir bieten diese Dinge optimal auf dem Markt an und bekommen dann hoffentlich das bestmögliche Ergebnis in einer Auktion. Und bieten es sozusagen in Kommission für unseren Kunden an und daran sind wir dann mit Erfolgsbeteiligt.
Heike Drexel: Und welche Art von Kunst gefällt Ihnen denn selbst eigentlich am meisten?
Isabel Apiarius-Hanstein: Das ist natürlich schwierig zu sagen, weil ich ja das ganze Haus repräsentiere. Ich bin aber von Hause aus Expertin für zeitgenössische Kunst und darf auch zugeben, da liegt natürlich auch meine Leidenschaft.
DER WERDEGANG
Heike Drexel: Kommt da eine Verbindung zu Ihrer Ausbildung her? Soweit ich weiß, haben Sie ja Architektur studiert, ist das richtig? Erzählen Sie doch einfach mal bitte ein bisschen so von Ihrem Werdegang, wie Sie eigentlich überhaupt dazu gekommen sind, jetzt so mit Ihrem Vater hier Seite an Seite zu arbeiten.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, man mag sich irgendwie denken, dass das so vor geebnet war, aber so ganz klar war das eigentlich nicht, als ich aufwuchs. Sicherlich, wir sind sehr eng mit dem Unternehmen verbunden und auch ich als Kind, habe viel Zeit hier verbracht, habe dann auch natürlich in meinen Ferien immer mal wieder ausgeholfen und mein Taschengeld verbessert, in sehr jungen Jahren. Es ist aber so, dass ich dann auch in gewissen Momenten meines Heranwachsens, manchmal auch ein bisschen viel von der Kunst hatte. Ich bin eben Kind zweier Kunsthistoriker, das ist ein bisschen extrem. Und ja, als ich dann mit dem Abitur fertig war, hatte ich irgendwo das Bedürfnis, erst mal ein bisschen was anderes zu machen. Der ein oder andere mag das auch eine kleine Rebellion nennen, das lasse ich jetzt einfach mal offen so stehen. Deswegen habe ich dann Architektur studiert. Die Architektur ist der Kunst jetzt nicht ganz fern, aber auch nicht ganz nah, das ist so ein bisschen so ein Zwischending. So richtig getraut, so was ganz anderes zu machen, habe ich mich dann auch nicht. Und es hat mir aber sehr viel Freude bereitet und es gibt da sehr, sehr viele Überschneidungen auch, muss man gerade sagen. In der Baugeschichte und auch in der Architekturtheorie, da überschneidet sich sehr, sehr viel mit der Kunstgeschichte, vor allem mit der zeitgenössischen oder modernen. Und nun ja, dann merkte ich irgendwann, dass die Kunst irgendwie doch mir sehr nahe ist und vielleicht auch etwas mehr meine Leidenschaft ist als die Architektur. Also ich habe dann das Architekturstudium zu Ende studiert und habe dann im Anschluss direkt am Kunstgeschichtlichen Institut der Uni Zürich einen Master gemacht, der gleich auf Kunstmarkt spezialisiert war. Und so habe ich dann so ein bisschen diese Schleife gemacht und bin am Ende wieder dorthin zurückgekommen. Dann war ich in Zürich in unterschiedlichen Galerien tätig, eben auch im Bereich der zeitgenössischen Kunst und habe da so meine Leidenschaft gefunden. Sicherlich hat es auch viel damit zu tun, dass es so meine Generation auch ist und ich auch einfach sehr früh schon irgendwo die zeitgenössische Kunst favorisiert habe. Also es war schon in meiner Kindheit so, meine Eltern sind auch unterschiedlich spezialisiert. Meine Mutter ist zum Beispiel Expertin für Alte Meister und wenn sie mich nach Maastricht mit auf die Messe genommen hat, ja, da gab es nicht so viel, was ich dann so als Kind mir gerne ausgesucht hätte. Währenddessen, wenn ich mit meinem Vater zur Art Basel ging, da wollte ich ganz viel haben, also das ist einfach schon immer so gewesen. Und ja, am Ende des Tages war ich dann eben in Zürich und mein Vater ist dann auf mich zugekommen, hat sich gewünscht, dass ich ins Unternehmen komme.
Heike Drexel: Haben Sie denn noch Geschwister, die hätten das auch machen können?
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau, ich habe eine ältere Schwester und sie lebt in Berlin. Und sie leitet auch das Berliner Büro in unserer Firma sehr erfolgreich. Und ja, auf Wunsch meines Vaters, habe ich mir erst mal kurz überlegt: Will ich das? Kann ich das? Möchte ich das auch? Und das habe ich dann irgendwann mit einem ja beantwortet und bin dann von Zürich nach Köln zurückgekommen.
DIE ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN VATER UND TOCHTER
Heike Drexel: Und wie klappt es dann so in der Zusammenarbeit? Weil ich habe ja bei dieser einen Veranstaltung Ihren Vater ja auch erlebt, der ist ja auch sehr lebhaft und versprüht ja eine unglaubliche Energie. Wie klappt es denn da so zwischen Ihnen beiden da so, die Zusammenarbeit?
Isabel Apiarius-Hanstein: Das klappt erstaunlich gut, muss ich sagen. Also ich hatte da auch ein bisschen Respekt vor, gerade wie Sie ihn auch sehr passend beschrieben haben, kann das auch mal eine Herausforderung sein. Auf der anderen Seite bin ich jetzt auch nicht der einfachste Mensch auf der Welt und ich glaube, wenn es etwas gibt, was gerade zwischen meinem Vater und mir sehr gut funktioniert, ist, dass wir uns extrem respektieren. Und dass wir immer schaffen, eine Lösung zu finden, mit der wir beide gut leben können und das ist etwas, was ich sehr wertschätze. Denn am Ende des Tages repräsentieren wir ja auch unterschiedliche Kundengruppen und müssen ja auch beide Gruppen ansprechen. Dementsprechend finde ich, ist dieser Kompromiss immer mal wieder, den man immer mal wieder machen muss, auch gut, denn ich möchte ja auf der einen Seite auch viele junge Kunden ansprechen. Auf der anderen Seite ist die Realität aber so, dass der Altersdurchschnitt meiner Kunden schon eher älter ist. Das heißt, manchmal presche ich da sehr modern nach vorne, werde etwas von ihm gebremst und dadurch sprechen wir immer noch beide Kundengruppen an. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass mein Vater das jetzt seit über 40 Jahren macht und ich sage immer, wir sitzen ja auf unterschiedlichen Stockwerken. Wenn ich mal nicht weiter weiß, meine Enzyklopädie sitzt ein Stockwerk unter mir, da kann ich hingehen, aufschlagen und sozusagen nachschauen, was ich jetzt machen muss. Und das ist halt einfach wahnsinnig wertvoll. Das ist etwas, was für mich wirklich eine extreme Erleichterung auch ist, gerade in so Zeiten, wo es dann mal schwierig ist. Pandemie Zeiten zum Beispiel oder wirtschaftlich schwierige Zeiten, das hat er alles auch schon eben mehrfach durchgemacht. Gut, eine Pandemie hatte er jetzt noch nicht durchgemacht, aber es gibt ja auch mal Momente als Unternehmer, in denen es einfach nicht leicht ist und er hat die eben schon gehabt. Und sicherlich gibt es hier und da auch Dinge, die wir unterschiedlich angehen, aber es hilft mir, ihn zu haben, mit dem Wissen und der Erfahrung, die er hat. Und auf der anderen Seite muss ich sagen, mittlerweile habe ich das Gefühl, in einigen Sachen lernt er manchmal auch was von.
Heike Drexel: Zum Beispiel? Das macht natürlich gleich neugierig.
Isabel Apiarius-Hanstein: Na ja, also ich glaube, es gibt schon, sagen wir mal so, ich will da jetzt nicht ins Detail gehen, aber es gibt schon unterschiedliche Herangehensweisen oder Verhaltensweisen zwischen Männern und Frauen. Ich bin ja selber auch Mutter und ich glaube, mein Vater war vor einigen Jahren auch erstaunt, wie viel ich eigentlich noch leiste, obwohl ich Kinder habe, dass ich mehr als 100-Prozent gebe und auch anwesend bin. Das sind so, sagen wir mal, so alltägliche Dinge.
Heike Drexel: Das hat sich ja geändert, weil früher hatte der Mann die Frau zu Hause, die sich um die Kinder gekümmert hat. Heute kümmern sich Frauen, machen einen Job und kümmern sich noch um Kinder, gleichzeitig.
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau, und das wusste er natürlich, also er lebt ja jetzt auch nicht hinterm Berg, aber er ist Jahrgang 50, ist natürlich selber anders aufgewachsen. Meine Mutter hat auch immer gearbeitet, aber eben dann in dem Zeitraum, in dem wir klein waren, hat sie Bücher geschrieben. Das ist natürlich dann vielleicht ein bisschen einfacher. Mein Beruf heute ist ja sehr viel mit Präsenz und eben auch mit Reisen verbunden. Und ja, dieses Konzept einer modernen Ehe, wo man sich irgendwo untereinander unterstützt und jeder seine Geschäftsreisen machen kann, weil der andere einem dann den Rücken freihält. Man gleichzeitig aber auch keine Rückschritte machen muss, also nicht seine Arbeitszeit reduzieren muss und sowas, das sind jetzt, glaube ich, schon so Dinge, das habe ich eben ganz gut bewiesen. Das hat er vielleicht am Anfang nicht ganz so erwartet. Auf der anderen Seite muss ich auch gestehen, dass es natürlich für mich auch eine sehr große Erleichterung ist, dass wenn jetzt mal ein Notfall passieren würde, er mir auch immer den Rücken hält. Und auch da ist dieses Teamwork, ich arbeite super gerne im Team und ich bin auch so ein Team-Mensch und da funktioniert es ganz gut. Er ist da vielleicht, wie Sie eben beschrieben haben, auch so ein bisschen so eine sehr präsente Persönlichkeit, aber ich arbeite eben auch gerne im Team und das funktioniert dann trotzdem, auch wenn es zwei, sagen wir mal, sehr starke Charakter sind.
KUNDENGRUPPEN
Heike Drexel: Wirklich toll. Als Sie das Thema mit den Kundengruppen angesprochen haben, ist das eine gute Überleitung zu einer Frage, die ich mir auch vorher noch gestellt habe: Was ihre Kundengruppen sind oder wer das auch sind. Sind es hauptsächlich Männer? Weil es sind ja oft Menschen, glaube ich, doch einen gewissen Geldbeutel mitbringen müssen, um Kunst kaufen zu können oder liege ich da jetzt falsch?
Isabel Apiarius-Hanstein: Also ich kann jetzt nicht sagen, dass ich mehr männliche Kunden habe als weibliche, das nicht. Ich könnte vielleicht sagen, dass es immer noch ein bisschen so ist, dass ich eher ein bisschen ältere Kunden habe. Aber auch da ist es so, dass man dann wieder vielleicht die Dinge eher von älteren Kunden bekommt und dann an jüngere verkauft. Also es hält sich dann schon auch die Waage. Mit dem Geldbeutel ist es so, natürlich macht jeder von uns Werbung mit den besten Ergebnissen. Das muss ich niemandem erklären, das macht jedes Unternehmen so.
Heike Drexel: Ja, man hört öfters mal von den, sage ich mal, am meisten, höchstdotierten Bildern, die den höchsten Preis erzielt haben. Das sind dann Millionenbeträge, ich glaube, da war jetzt auch gerade wieder irgendein Bild mit über 20 Millionen oder so was, versteigert worden ist. Und das ist natürlich, das suggeriert, das bleibt natürlich in den Leuten haften, im Kopf.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, das versuche ich ja auch immer wieder zu erklären und auch da so ein bisschen diese Hemmschwelle abzubauen. Also selbst bei den ganz großen Häusern in London und New York, wenn wir über Christie’s und Sotheby’s sprechen, natürlich, wir alle machen diese Werbung mit den Top Ergebnissen, aber das Durchschnittsobjekt ist wirklich relativ niedrig. Auch wir geben uns Mühe, dass wir sozusagen auch Auktionen haben mit Objekten, die nicht so teuer sind, teilweise im Bereich von nur ein paar 100 Euro, denn wie Sie richtig sagen, es kann nicht sein, dass die Kunst nur für die ist, die einen großen Geldbeutel haben. Kunst ist für alle da, soll für alle da sein und es gibt auch Kunst für alle. Es ist ja auch so, dass man auch beim Kunst sammeln irgendwo mal einsteigt. Also selten kommt jemand auf die Idee: Mensch, jetzt möchte ich mir Kunst kaufen, jetzt gebe ich gleich mal 200.000 Euro aus. Das wäre ja vermessen zu denken, dass die Welt so funktionieren würde. Natürlich tastet man sich vorsichtig ran, der eine hat es vielleicht von zu Hause schon mitbekommen, der hat es bei seinen Eltern oder Großeltern erlebt. Dem anderen ist es völlig neu, er interessiert sich einfach dafür, also bei uns ist es nicht so, dass jedes Objekt irgendwie gleich Millionen kostet. Und es ist auch so, dass die unterschiedlichen Abteilungen, also Sie haben per se auch Objekte, die weniger teuer sind als andere. Was mir übrigens auch noch eingefallen ist, gerade, weil wir eben darüber sprachen, was vielleicht auch mein Vater von mir lernt oder gelernt hat, ist, wir haben einen sehr unterschiedlichen Führungsstil, wie ich finde. Sie müssten natürlich meine Mitarbeiter fragen, ob ich da Recht habe, aber-.
MITARBEITER UND FÜHRUNGSSTIL
Heike Drexel: Wie viele sind das denn, wenn ich noch mal fragen darf?
Isabel Apiarius-Hanstein: Bei Lempertz haben wir um die 70 Kollegen und irgendwo ist es doch so, ich weiß nicht, ob es wirklich was mit dem Geschlecht zu tun hat, aber ich führe das doch ein bisschen auch darauf zurück. Und vielleicht auch das Alter, ich meine, zwischen meinem Vater und mir liegen auch immerhin 38 Jahre und dann musste ich ja auch erst mal erwachsen werden, also ist das noch mal ein bisschen mehr, aber wir gehen unterschiedlich mit den Mitarbeitern um, wir haben da eine etwas andere Herangehensweise. Ob das jetzt männlich, weiblich ist, weiß ich nicht, aber auch da, es ist so alte und neue Schule. Und es gibt Dinge, die übernehme ich von ihm, weil ich das vielleicht besser finde als das manch anderer so ganz modern in so einer Start up Szene vielleicht heute macht. Und es gibt aber auch Dinge, wo ich einfach merke, da lege ich mehr Wert drauf und das Schätzen auch die Kollegen sehr. Das war mir jetzt noch eingefallen.
Heike Drexel: Ja, super. Haben Sie auch ein konkretes Beispiel dazu, um das ein bisschen plastischer zu machen?
Isabel Apiarius-Hanstein: Eine Weihnachtsfeier gab es erst mit mir. Oder auch so kleine Wertschätzungen zwischendurch, ob das jetzt Feiertage sind oder eben einfach so als Überraschung oder Ausflüge. Natürlich hat mein Vater das auch immer mal wieder gemacht, aber das ist vielleicht nicht ganz seine Stärke und mir liegt das eben sehr am Herzen. Man muss aber dabei auch bedenken, dass mein Vater durch den sehr plötzlichen und sehr frühen Tod seines Vaters, sehr, sehr jung in das Unternehmen reingekommen ist. Und ich, auf der anderen Seite, habe einige Jahre Erfahrung außerhalb gesammelt und war eben auch mal in einer anderen Position, nämlich des Arbeitnehmers und habe dann eben auch gemerkt, wie sehr einem die Wertschätzung auch immer wieder guttut.
Heike Drexel: Sie haben beide Seiten kennengelernt.
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau und er schätzt unsere Kollegen wahnsinnig, aber er ist auch ein Mann, er kann das vielleicht ein bisschen weniger zeigen als eine Frau. Wobei, es ist auch irgendwie komisch, dass immer wieder auf Mann und Frau zu reduzieren. Eigentlich hatte es ja damit nicht so viel zu tun, aber es ist vielleicht auch eine Generationssache.
Heike Drexel: Oder ein Mix aus beidem, keine Ahnung. Aber man versucht ja einfach immer Erklärungen zu finden. Das ist ja das ganze Thema, es ist ja immer irgendwie: Warum ist das so? Was steckt dahinter? Was ist die Motivation?
Isabel Apiarius-Hanstein: Bei mir ist es einfach so, dass ich konstant darüber nachdenke: Wie kann ich diese Wertschätzung demonstrieren? Wie kann ich den Kollegen auch zeigen, wie sehr ich, teilweise ja auch abhängig bin von ihrem-, also nicht abhängig, aber ihr Wissen schätze, weil ich bin ja häufig auch jünger als meine Kollegen. Und viele haben jahrzehntelange Erfahrung, die ich ja noch sammeln muss und das ist für mich eine Bereicherung, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Und da ist es mir einfach ein Anliegen, das auch immer wieder irgendwo zu thematisieren oder, ja kundzutun, dass ich darüber dankbar bin. Und da ticken wir einfach ein bisschen anders.
Heike Drexel: Sehr spannend. Gerade weil Sie das Thema Wissen ansprechen, ich habe mir auch überlegt, wenn Sie so viele unterschiedliche Kunstrichtungen anbieten, da müssen ja wirklich so viele verschieden bewanderte Menschen bei Ihnen arbeiten, die sich in diesen ganzen Kunstrichtungen auskennen. Das ist ja Wahnsinn. Das ist ja unglaublich.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ich sage mal, wir sind ein Haus der Paradiesvögel.
Heike Drexel: Ja, sind es dann alles Kunsthistoriker, die bei Ihnen arbeiten, oder kommen da auch Leute aus ganz unterschiedlichen Bereichen dazu?
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, das ist schon unterschiedlich. Ich würde wahrscheinlich sagen, beziehungsweise doch, im Zweifel, die meisten sind Kunsthistoriker, aber man darf ja nicht vergessen, also man braucht ja nicht nur den Experten, sondern man braucht auch Leute, die wissen, wie man mit Kunst umgeht. Also es braucht natürlich eine Technik Abteilung. Man kann Kunst ja nicht einfach so mal eben irgendwie einpacken, man muss schon wissen: Wie kann ich das Objekt anfassen? Wie kann ich es bewegen? Wie kann ich es so verpacken, dass es schadensfrei beim Kunden ankommt? Es gibt ja natürlich noch eine ganze Maschinerie an Buchhaltung, also es gehört ja so viel mehr dazu als das reine Expertenwissen.
FÄLSCHUNGEN UND DER UMGANG DAMIT
Heike Drexel: Aber das ist zum Beispiel sicherlich sehr gefragt, wenn es um auch ein spannendes Thema geht, was mir auch noch am Herzen liegt, dieses Thema mit den Fälschungen. Ich habe gelesen, auf so einer Kunstblogseite, dass es tatsächlich 40 bis 60 Prozent aller Kunstwerke, wären Fälschungen. Ich konnte es kaum glauben.
Isabel Apiarius-Hanstein: Das erscheint mir jetzt ehrlicherweise auch sehr viel.
Heike Drexel: Also ich habe sogar gelesen, auf dieser Seite stand dann auch, dass selbst die Queen, die jetzt gestorben ist, hier die Queen of England, dass die wohl sieben Rembrandts hatte, von denen sich jetzt nur drei als Original herausgestellt haben.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, da würde ich mal meine Experten fragen, was sie dazu sagen.
Heike Drexel: Also ich habe das so in einen Blog gelesen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, also so diese statistischen Zahlen, weiß ich nicht, würde ich mit Vorsicht genießen. Was auf jeden Fall richtig ist, ist, dass Fälschungen existieren, davon kann sich niemand freimachen. Kein Sammler, kein Auktionshaus, die Galerien, die mit schon verstorbenen Künstlern arbeiten zum Beispiel, haben auch das Problem, dass man immer wieder das prüfen muss. Es gibt aber heutzutage schon auch viele Ansätze, das prüfen zu können, also es gibt ja auf der einen Seite häufig dann auch die Nachlässe oder einzelne Experten, die sich auf die Künstler spezialisiert haben. Und auf der anderen Seite gibt es eben wahnsinnig viele technologische Untersuchungen, die man auch machen kann. Heutzutage gibt es auch schon Geräte, bei denen man das Bild nicht mehr anbohren muss, früher musste man winzig kleine Bohrungen machen, um kleine Proben zu entnehmen. Das ist heute schon gar nicht mehr, nicht immer sozusagen notwendig. Klar, bei Papier zum Beispiel ist es dann immer noch ein bisschen schwierig, aber da hat sich sehr, sehr viel getan. Wir kooperieren auch mit der Technischen Hochschule hier in Köln und unterstützen das auch sehr. Das ist etwas, das im Kunstmarkt existiert. Niemand kann sich davon freimachen, aber 40 bis 50 Prozent, das klingt schon wirklich sehr, sehr viel. Das halte ich auch für nicht ganz realistisch. Bei uns ist es so, es kommen ja tausende Objekte im Jahr bei uns ins Haus, da sind mal Fälschungen dabei, aber das ist im kleineren Prozentsatz, da liegen wir nicht bei 40 bis 50 Prozent. Also bei diesen Blogs muss man dann auch immer das so ein bisschen vielleicht recherchieren, woher diese Information dann kommt.
Heike Drexel: Und was machen Sie dann, wenn Sie so eine Fälschung entdeckt haben?
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, das dürfen wir natürlich nicht anbieten. Und dann kommt es darauf an, in welchem Bereich das ist, ob man das Objekt sozusagen einfach dem Einlieferer zurückgibt.
Heike Drexel: Der weiß ja im Zweifel auch gar nicht oder wusste gar nicht, dass es eine Fälschung.
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau, das kann eben auch sein. Man meldet das natürlich, wenn es jetzt noch ein lebender Künstler ist oder einer, der Nachlass hat, man meldet das dem Experten, dem zuständigen Experten oder dem Nachlass oder dem Archiv oder eben dem Künstler, wenn er noch lebt. Und teilweise gibt es dann auch Künstler, die sagen, ich möchte das Objekt im Original sehen, dann ist das dann ihre Sache, ob sie das dann wieder zurückgeben. Dann gibt es ja auch, ja die Fragestellung: Wusste derjenige, der es eingeliefert hat oder nicht? Da kommt man dann wieder in rechtliche Bereiche rein und das ist vielleicht auch noch mal ein ganz gutes Beispiel zu dem, wo wir eben über die unterschiedlichen Expertisen der Kollegen sprachen. Also bei uns im Haus gibt es alles, wir haben natürlich auch Anwälte im Haus, weil es gibt immer mal wieder Dinge aus dem rechtlichen Bereich, die irgendwo geklärt werden, gerade so in diesem Fälschungsbereich. Ja, also wir sind ein Team, was sehr bunt gestreut ist und aus unterschiedlichen Richtungen kommt. Und es gibt auch ganz tolle Experten, die zum Beispiel Quereinsteiger sind. Also man muss einfach sich in seinem Gebiet wahnsinnig gut auskennen und dann ist es auch egal, ob man ursprünglich Kunsthistoriker ist.
Heike Drexel: Die zentrale Frage ist doch einfach echt immer auch: Was ist Kunst? Also ich gehe auch gern in Museen, da hatten wir ja auch ein bisschen drüber gesprochen, aber ich finde es wirklich schwierig manchmal zu sagen: Ja, ist das jetzt Kunst oder kann das weg? Wie es so schön heißt.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, das ist natürlich ein Punkt, darüber könnten wir endlos diskutieren und reden. Und ich weiß nicht, ob das dann für die Zuhörer so spannend ist. Es wäre ja nicht eine Fragestellung, die sich auch schon viele Künstler gestellt haben, wenn diese so einfach zu beantworten wäre.
DEUTSCHE KÜNSTLER UND WAS WICHTIG IST FÜR DIE KARRIERE
Heike Drexel: Man kann es vielleicht auch noch mal an einem Beispiel festmachen. Also wir haben ja jetzt hier aus Köln einen sehr den bekanntesten deutschen Künstler überhaupt mit Gerhard Richter, der hier wohnt. Nicht hier ursprünglich herkommt, aber jetzt ja hier wohnt. Der ist, glaube ich, der bekannteste und auch teuerste Künstler in Deutschland, wenn nicht sogar Europa oder weltweit. Das wissen Sie jetzt besser als ich.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, von den deutschen Künstlern auf jeden Fall.
Heike Drexel: Wie wird man so? Was zeichnet den dann so aus, dass das unterscheidet von anderen? Es muss doch trotzdem irgendwie Eigenschaften geben oder Techniken geben oder ja, irgendeinen Grund muss es doch geben, dass jemand anders so herausragt von den anderen. Nur Glück alleine, vielleicht zur rechten Zeit am rechten Ort, sagt man ja oft, aber weiß ich nicht.
Isabel Apiarius-Hanstein: Naja, also erst mal kann man schon sagen, dass wir in Deutschland schon sehr viele, sehr, sehr berühmte und bekannte Künstler haben. Das ist ja auch dem geschuldet, dass wir wahnsinnig gute Kunstakademien haben.
Heike Drexel: Also Gerhard Richter steht jetzt für viele andere auch.
Isabel Apiarius-Hanstein: Sozusagen fängt es dann mit der Akademie an, also sprich, Ausbildung. An sich, ich finde, das immer so ein bisschen schwierig zu beantworten. Ich sehe das jetzt nicht so sehr unterschiedlich wie mit allen anderen Karrieren. Man braucht eine gute Ausbildung, man muss aber auch gut sein in dem, was man macht. Und man muss auch innovativ sein in dem, was man macht. Man muss was machen, was noch keiner gemacht hat oder besser machen als jemand, der es schon gemacht hat. Dann kommt natürlich vielleicht doch auch noch ein Schnaps Glück dazu. Der Kunstmarkt ist ein eher kleinerer Markt, aber auch da, in anderen Märkten ist es ja auch nicht anders, man muss irgendwo gute Partner haben. Also, wenn man jetzt eine super Ausbildung hat, talentiert ist, innovative Kunst macht, die irgendwo ein gewisses Publikum dann einfach auch sofort anspricht, einfach auffällig ist und man hat noch eine sehr gute Galerie dabei, dann sind die Weichen schon ganz gut gestellt. Man kann dann aber immer noch Pech haben. Und es gibt Künstler, die sind wahnsinnig begabt und extrem gut und haben aber nicht den Durchbruch. Und dann gibt es andere, wo man sich fragt: Warum sind die jetzt so gehypt? Und die sind aber wahnsinnig erfolgreich. Aber das ist doch irgendwo in allen Branchen so. Es ist halt bei den Künstlern dann häufig so, dass gerade, wenn Sie jetzt von Gerhard Richter sprechen, ist das natürlich so ein Extrembeispiel.
Heike Drexel: Deswegen habe ich es auch gewählt, weil das die meisten Menschen kennen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja und es ist eben dadurch, dass es so ein sehr kleiner Markt ist, ist es sicherlich auch schwieriger. Also sicherlich, sagen wir mal so, ein Unternehmen als produzierendes Gewerbe hat es jetzt vielleicht nicht ganz so viele Weichen, die da irgendwo gut gestellt werden müssen, aber ich sehe das schon auch ein bisschen abgelöst vom Kunstmarkt. Es geht uns ja allen irgendwie so, wir müssen gut sein in dem, was wir machen. Wir müssen wissen, was wir machen. Im besten Fall haben wir eine gute Ausbildung bekommen und dann braucht man aber auch ein bisschen Glück. Und man braucht gute Partner und in der Kunst ist es ja auch so es gibt auch Moden, es gibt Trends. Es gibt Zeiten, da sind gewisse Sachen mehr gefragt bei den Sammlern als andere. Und auch da, wenn man dann sozusagen just in der Zeit der Künstler ist ja nur gut, wenn er sich selber treu bleibt, denn es gibt nichts Schlimmeres als die, die sozusagen mit den Trends gehen. Aber auch da muss man ja Glück haben, dass das, was der Künstler von sich aus macht, gerade auch den Zahn der Zeit trifft. Und es gibt schon so ein paar Komponenten, wie ich sie jetzt aufgezählt habe, aber so voraussehen kann man das nicht. Man kann natürlich irgendwann, wenn man dann merkt, da ist jemand, der bekommt viel Aufmerksamkeit, also es geht dann, wenn man jetzt sozusagen das Beispiel von eben noch mal aufgreift, man hat sozusagen schon eine gute Galerie als Partner. Viele Museen oder Kunstvereine werden aufmerksam, da sieht man das dann schon so ein bisschen. Da kann man sich schon mal überlegen, Ach, von der Künstlerin oder von dem Künstler werden wir wahrscheinlich noch länger was hören, aber es ist ein langer Prozess auch häufig.
Heike Drexel: Ja sehr spannend. Ich finde, da haben Sie ja schon total viele interessante Punkte dazu genannt. Auf jeden Fall Netzwerk, denke ich, ist auch wichtig, sich in einem Werk aufbauen und sich sichtbar machen. Ich meine, das ist ja ein Thema, das für uns alle wichtig und da sind, natürlich die sozialen Medien auch gefragt, also Instagram, Pinterest oder was weiß ich. Ich weiß gar nicht, wo überall Künstler jetzt aktiv sind. Ich denke, hauptsächlich Instagram, nehme ich an.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, auf jeden Fall, aber ich würde schon immer noch sagen, die Arbeit der Galerien ist schon essenziell, vor allem am Anfang einer Karriere. Also in dem Bereich, in dem ich tätig bin, die Auktionshäuser, das nennt man den sogenannten Sekundärmarkt im Kunstmarkt und die Galerien sind der sogenannte Primärmarkt. Und eigentlich ist eine Galerie so ein bisschen wie eine Agentur des Künstlers. Also die müssen eben auch schauen, dass sie die Künstler platziert bekommen, dass Sammler auf die Künstler aufmerksam werden, dass sie die Arbeiten in gute Hände geben, dass Kunstvereine, Kuratoren, auch Museen aufmerksam werden, dass Ausstellungen gemacht werden. Und das ist sozusagen für den Karriereaufbau wirklich essenziell. Und natürlich haben heutzutage die meisten Künstler einen Instagram Account, aber nur mit Instagram wird kein Künstler mehr bekannt. Also dafür gibt es auch einfach zu viele und für die Kunstsammler ist es eben doch auch so, dass häufig gewisse Galerien oder Galerienamen, so eine Art Gütesiegel auch ist.
Heike Drexel: Das heißt, den Galerien kommt wirklich eine ganz zentrale Rolle zu. Das war mir jetzt gar nicht so bewusst. Und was, was für eine Rolle spielen Messen? Wir haben ja jetzt gerade hier die Art Cologne und so.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, Messen sind im Prinzip Plattformen zur Verbreitung. Also klar, es gibt die Art Cologne, das ist dann für die Kölner Galerien oder sagen wir mal die Galerien im Rheinland, denn man muss ja ehrlicherweise zugeben, ob das jetzt Düsseldorf oder Köln ist, spielt irgendwie gar keine so große Rolle. Die Region, gerade was Kunst angeht, es ist einfach das Rheinland. Wir haben eine unglaubliche Dichte, nicht nur an Museen und an international tätigen Galerien, sondern eben auch an Sammlern im Rheinland. Das ist bis heute so, das ist die Region mit der höchsten Dichte. Und für so eine Art Cologne zum Beispiel ist dann für die hiesigen Galerien ist das ja ein Heimspiel, aber die meisten gehen ja auch auf andere Messen und dann hat man ein ganz anderes Publikum. Und wenn man jetzt zum Beispiel dann im Bereich der zeitgenössischen Kunst denkt, in der ich ja meine Spezialisierung habe, da ist dann so die wichtigste Messe heutzutage ist die Art Basel, die in Basel stattfindet. Und klar, wenn dann jetzt eine Galerie aus Köln dort hingeht, da sind eben auch Kunden, die die vielleicht noch nicht kennen, weil da auch andere Besucher kommen. Dann gibt es ja aber auch Messen, Übersee zum Beispiel in Asien, in den USA, ja, Lateinamerika auch. Das sind jetzt nicht so die ganz, ganz Starken, aber klar, natürlich, man hat dann einfach eine andere Lokalität, auch andere Sammler. Vielleicht kennt man ja auch den einen oder anderen Sammler auch schon, also so groß ist diese Kunstwelt eigentlich nicht, aber nicht immer ist man dann gleich mit denen schon im Gespräch oder hat denen schon Dinge gezeigt. Und durch diese Messen hat man immer wieder die Möglichkeit, sozusagen die Arbeiten der Künstler in der Welt auch zu zeigen.
INTERESSEN VON ISABEL APIARIUS-HANSTEIN
Heike Drexel: Ja, wieder was gelernt. Ist echt spannend. Haben Sie denn eigentlich selber ein Lieblingsmuseum, wo Sie selber so gerne hingehen? Jetzt mal abgesehen natürlich von Köln, das natürlich an erster Stelle sein wird.
Isabel Apiarius-Hanstein: Es gibt wahnsinnig viele schöne Museen. Jetzt haben Sie mir gerade meinen Liebling irgendwie genommen.
Heike Drexel: Ich weiß, wir sind ja beide Freunde des Museum Ludwig und dem Wallraf Museum.
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau.
Heike Drexel: Sie sind ja jetzt auch im Vorstand, richtig?
Isabel Apiarius-Hanstein: Richtig, ja. Da freue ich mich auch, dass ich mich da für die jungen Initiativen engagieren darf. Es gibt aber tatsächlich einen Ort in Köln, der mich wahnsinnig fasziniert und wo ich auch ab und zu, wenn ich so den Kopf frei kriegen muss oder möchte, den Kopf frei kriegen möchte, gerne hingehe. Und das ist das Kolumba Museum. Und das hat irgendwo für mich-.
Heike Drexel: Das hat natürlich eine tolle Architektur.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, es ist eine wahnsinnig tolle Architektur. Also ohne Frage, es ist absolut der schönste Bau, den Köln überhaupt hat. Es strahlt auch so eine gewisse Ruhe irgendwo aus. Und ja, auch die Mischung mit Maria in den Trümmern und dann aber auch der tollen Kunstsammlung und so ein Museum, was so sehr unaufgeregt ist, aber hochqualitativ. Das ist für mich so ein bisschen mein Ruhepol in Köln und deswegen würde ich wahrscheinlich sagen, dass ich auch am meisten im Kolumba Museum bin, obwohl ich natürlich die wechselnden Ausstellungen in den Städten-. Ich reise ja sehr viel beruflich auch, also ich bin sehr, sehr viel in allen möglichen europäischen Großstädten zum Beispiel, da gehe ich auch immer ins Museum. Und ich kann jetzt nicht so sagen, dass ich eins habe, was so absolut mein Favorit ist, aber wenn ich sagen könnte, dass es eins gibt, wo ich am meisten hingehe, dann ist es tatsächlich das Kolumba. Aber ich glaube vielleicht auch so ein bisschen, ja, die Architektur ist einfach sehr-, es ist ein sehr, sehr besonderer Ort. Es ist irgendwie, so ein Wohlfühlmuseum, für mich zumindest.
Heike Drexel: Ja, also ich kann es von der Architektur her total nachvollziehen. Man würde das gar nicht so erwarten, weil man denkt da jetzt ja so religiöse Kunst und so.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, aber es ist ja nicht mal so, es ist ja gar nicht so, als gäbe es dort nur religiöse Kunst. Da tut man dem Kolumba auch irgendwo unrecht, aber es hat eben auch diesen sehr atmosphärischen Lesesaal zum Beispiel und diesen wahnsinnig schönen Innenhof, der im Sommer wirklich eine totale kleine Oase ist und es ist nicht so überlaufen. Also ich weiß auch nicht, irgendwie hat es eine gewisse Magie auf mich und dabei muss ich sagen, ich bin jetzt nicht unreligiös, aber auch nicht so religiös.
BESONDERE ERINNERUNGEN
Heike Drexel: Ja, schön. Haben Sie denn so irgendwie eine Auktion, an die Sie sich ja besonders erinnern, weil die irgendwie mal anders war als andere? Oder weil irgendwas vorgefallen ist, was anders war?
Isabel Apiarius-Hanstein: Ach, es gibt irgendwie in jeder Auktion so kleine Momente, die anders sind als in anderen Auktionen. Also ich meine, klar, wir sind ein sehr altes Haus mit einer sehr, sehr langen Tradition. Natürlich gibt es immer wieder Objekte, die auch wieder zu uns kommen, teilweise auch, also ich habe jetzt gerade im Dezember, Objekte selber versteigert, die der Kunde bei meinem Großvater noch gekauft hat. Also das ist schon etwas sehr, sehr schönes, was ich an was einfach durch das Alter unseres Unternehmens und auch diese immer wieder weitergegebene Tradition auch da mir sehr viel Freude bereitet. In jeder Auktion gibt es irgendwie was Besonderes. Es gibt eine, die ich, glaube ich, nie vergessen werde, weil das war das Pandemiejahr, das erste. Das war natürlich ein Jahr mit vielen schwierigen Entscheidungen. Das war noch vor den Impfungen. Es gab noch die Zeiten, wo wirklich alles geschlossen war.
Heike Drexel: April, Mai.
Isabel Apiarius-Hanstein: Wir sind ja hier auch total in der Innenstadtlage, also wirklich die Geschäfte geschlossen waren, die Restaurants geschlossen waren. Es war ein schwieriges Jahr. Es war umsatztechnisch ein tolles Jahr, wir hatten 30 Prozent mehr Umsatz. Das ist so die typische Flucht in die Sachwerte, aber es war dennoch irgendwo ein schwieriges Jahr, weil wir immer wieder mit Problemen konfrontiert wurden, die wir irgendwo beantworten mussten und uns auch selber nicht so ganz klar waren, was jetzt besser ist. (Sirenen im Hintergrund)
Heike Drexel: Ich wollte gerade sagen, jetzt erleben wir live die Stadt am Neumarkt und ich sehe hier auch noch einen Karnevalisten durch die Gegend laufen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Genau, auch das hat man am Neumarkt.
Heike Drexel: Genau, von den Roten Funken, passend zu dem Jahr.
Isabel Apiarius-Hanstein: Und da war es eben so, dass wir eine sehr hoch bedeutende Sammlung alter Meister anbieten durften. Dazu darf ich sagen, dass wir im Bereich der alten Meister, also auf jeden Fall das führende Haus in Deutschland sind und auch weltweit, ja da muss man jetzt sagen, müsste ich wirklich mal in eine Statistik gucken. Ich bin aber nicht so ein Statistikmensch, aber nageln Sie mich nicht fest, da müssten wir ungefähr auf Platz fünf weltweit sein. Wenn das jemand besser weiß, lasse ich mich aber auch gerne belehren. Und wir haben eben in dem Jahr die Sammlung Bischoff anbieten dürfen und das war ein riesen Highlight. Nicht nur, weil es eine ganz besondere Sammlung ist mit hochkarätigen Objekten der alten Meister, hochkarätigen Gemälden der alten Meister, sondern eben es ist so, dieses sehr spezielle Jahr war. Und da gab es ein Bild, ein Bild von George de la Tour und das haben wir für 4,3 Millionen verkaufen können und das ist dann ins Louvre nach Abu Dhabi geflogen. Und das war für mich schon eine ganz besondere Auktion. Es war natürlich auch für mein Vater und mich irgendwo so ein sehr angespannter Abend, natürlich weiß man, vor der Auktion weiß man schon so ein bisschen Bescheid, aber auch nicht wirklich alles, denn man hat ja auch in der Vorbesichtigung das Interesse gesehen. Man kriegt ja auch Anfragen, es gibt ja dann auch Anfragen von weiter her, die dann sogenannte Condition Reports Anfragen. Also man merkt schon, welche Objekte ein besonderes Interesse bekommen, aber so richtig wissen, wo die Reise hingeht, tut man dann auch nicht. Und ich saß mit meinem Vater auf dem Pult und das war schon für uns was sehr Besonderes. Das ist auch das teuerste Altmeistergemälde, was damals, also bis heute, glaube ich, in Deutschland das teuerste Altmeistergemälde, was jemals versteigert wurde. Und zu dem Zeitpunkt der Auktion war es auch das teuerste Gemälde von George de la Tour. Und ich weiß noch, wie das Los irgendwie aufgerufen wurde, ich habe das Protokoll geschrieben. Also ich habe natürlich versucht, dass man mir das gar nicht ansieht, aber innendrin, da flatterte irgendwie alles und das knistert dann auch einfach so richtig. Und wenn man dann den Hammer schlagen hört, also mein Vater hat versteigert, ich saß dann direkt neben ihm, dann ist uns irgendwie, also so ein Lächeln konnten wir uns dann auch nicht verkneifen. Und das war schon ein sehr, sehr besonderer Moment und das war auch schön, dass ich das so sehr eng mit meinem Vater erlebt habe. Und wir waren auch im Vorhinein mit dem ganzen Ablauf, also die ganze Akquise und die Abläufe-. Ich bin ja keine Expertin für Alte Meister, das heißt, da war ich jetzt nicht involviert bei der Katalogbearbeitung, aber ich war halt sehr, sehr involviert mit den ganzen Vereinbarungen zwischen den Einlieferern und uns. Und ja, das war dann einfach ein toller Erfolg und gerade so am Ende dieses Jahres, wo es einfach ein Jahr voller Fragezeichen auch war, war das einfach ein ganz toller Moment.
Heike Drexel: Toll. Haben Sie das schon mal besichtigen können, dass es da hängt?
Isabel Apiarius-Hanstein: Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das noch nicht geschafft habe, aber es steht auf meiner Liste. Ich werde es noch machen.
Heike Drexel: Da müssen ja mittlerweile wirklich schon viele tolle Werke hängen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, auf jeden Fall.
WIE GEHT ES WEITER IM AUKTIONSHAUS
Heike Drexel: Sehr spannend. Ja, wo geht denn die Reise so hin? Was glauben Sie? Sie hatten vorhin mal gesagt: Trends. Das wollte ich noch ganz gerne noch mal wissen. Was ist denn momentan so ein Trend und wo geht der Trend hin?
Isabel Apiarius-Hanstein: Na ja, wo der Trend hingeht, ich bin da jetzt auch nicht die Glaskugel, aber man kann schon sagen, also im Moment ist so, ja allgemein die beliebteste Sparte, ist auf jeden Fall die zeitgenössische Kunst. Es hat sich so ein bisschen von der modernen zur zeitgenössischen verschoben. Auf der anderen Seite sind wir ja ein Haus, was sehr, sehr breit aufgestellt ist und dann kann ich schon auch sagen, dass dieser Bereich der Luxusgüter, also Schmuck und Uhren.
Heike Drexel: Hermès Taschen, was Sie vorhin auch erwähnt haben.
Isabel Apiarius-Hanstein: Diese Taschen, die wir auch letzte Saison angeboten haben. Die bekommen schon auch eine sehr hohe Aufmerksamkeit, also man merkt so ein bisschen, dass es da auch so in dieses Luxussegment so ein bisschen reinrutscht. Ja, ansonsten Trends, ich meine, es gibt in jeder Abteilung gibt es so Dinge, die einfach sich immer sehr, sehr gut verkaufen. Und es gibt Bereiche, in denen wir sehr stark sind, also wir sind führend im Bereich Kunstgewerbe zum Beispiel und auch im Bereich Alte Meister. Wir sind eines der führenden Häuser im Bereich moderne und zeitgenössische Kunst. Es ist natürlich immer so ein bisschen die Frage, über was redet man? Redet man über Trends in der afrikanischen Kunst oder im Kunstgewerbe? Also wir waren jetzt zum Beispiel letzte Saison unheimlich erfolgreich mit dem Porzellan im Kunstgewerbe, auch etwas, was man vielleicht, ja, was sich so jemand, der damit noch nicht so viel zu tun hat, auch nicht so ganz vielleicht im ersten Moment vorstellt oder denkt, dass gerade das jetzt irgendwo so eine Aufmerksamkeit bekommt. Wir als Frauen vielleicht können uns eher schon denken, dass der Schmuck ziemlich beliebt ist und jetzt haben wir eben seit einem Jahr auch die Uhren, damit decken wir dann auch die Herren ab. Aber klar, es gibt dann auch einzelne Künstler, die dann gehypt werden, aber ich würde schon mal so sagen, wenn wir wirklich über bildnerische Kunst sprechen, ist auf jeden Fall das gefragteste die zeitgenössische Kunst.
ABSCHLUSSFRAGE
Heike Drexel: Das waren jetzt total spannende Einblicke, finde ich, in den Kunstmarkt. Ich habe jetzt echt einiges schon wieder gelernt und mitgenommen. Und meine Lieblingsschlussfrage, da bin ich jetzt auch wirklich ganz gespannt, was Sie darauf antworten werden, weil sie ja doch in diesen Dimensionen mit der Kunst arbeiten. Ich habe mich immer mal gefragt: Was würden Sie denn machen, wenn Sie jetzt 5 Millionen Euro im Lotto gewinnen? Da würde ich jetzt bei Ihnen erwarten, Sie würden sich ein Kunstwerk kaufen, aber ich bin jetzt mal gespannt, ob das vielleicht was ganz, ganz anderes ist.
Isabel Apiarius-Hanstein: Na ja, ich würde sagen, das würde erst mal in einem Gespräch oder wie soll ich das sagen, also wahrscheinlich würde ich-. Ich muss mal kurz nachdenken. Ja, 5 Millionen, das ist viel Geld. Also, ich glaube, das würde in einer Diskussion zwischen meinem Mann und mir enden, denn der ist in einer ganz anderen Branche tätig. Und wir sind natürlich beide von unserer Branche überzeugt. Und im Zweifel, wenn nur ich es gewinnen würde, dann würde ich wahrscheinlich etwas mehr Kunst kaufen als in seinem Gebiet finanziell zu investieren, aber wahrscheinlich würde ich es dann auch ein bisschen aufteilen.
Heike Drexel: Das ist süß.
Isabel Apiarius-Hanstein: Sie sehen, ich bin auch da kompromissbereit.
Heike Drexel: Diplomatisch, sehr diplomatisch. Ach, da fällt mir auch noch ein, also das ist aber dann wirklich meine allerletzte Frage. Ich habe mir auch schon so vorgestellt, wenn Sie jetzt zum Beispiel zu Ihren Freunden gehen oder so, und die ja wissen, dass Sie so die Kunstexpertin sind, trauen die sich eigentlich noch, sie einzuladen, wenn die selber so Kunst bei sich zu Hause haben? Oder denken die dann so Oh mein Gott, jetzt kommt sie und sie weiß doch eh alles und jetzt sieht sie das und vielleicht ist es nicht gut oder so oder sagen die sogar eher: Ach Mensch, super, dann kannst du mir noch einen Rat geben, einen Tipp geben.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ja, ich hoffe, dass meine Freunde mich trotzdem einladen. Da müssten Sie eigentlich die fragen, aber ich schätze mich sehr glücklich, sehr treue und enge Freunde zu haben. Dementsprechend glaube ich, sind die allermeisten dann doch glücklich über meinen Rat, ich werde auch häufiger mal gefragt. Das tue ich dann auch sehr gerne, aber wie gesagt, das wissen sie ja eigentlich die Freunde fragen.
Heike Drexel: Da reden wir jetzt gleich noch mal offline. Dann darf ich mich ganz, ganz, ganz herzlich bedanken für dieses total interessante und schöne Gespräch über Kunst und Ihre Familie, Ihr Leben, Ihre Firma. Und ich hoffe, dass es die Firma Lempertz auch noch ganz lange geben wird. Nochmal mindestens weitere fünf Generationen.
Isabel Apiarius-Hanstein: Ich arbeite dran. Vielen Dank.
Heike Drexel: Vielen Dank und tschüss.
Isabel Apiarius-Hanstein: Tschüss.