Heike Drexel vom Podcast Unternehmen im Gespräch (“UiG”): Hallo und herzlich willkommen im Podcast ”Unternehmen im Gespräch”, dem Interview-Podcast mit Unternehmern und Unternehmerinnen. Ich freue mich sehr auf meine heutige Interviewgästin, und zwar Whitney Breer. Hallo Whitney.
Whitney Breer: Hallo Heike. Danke, dass ich dabei sein darf.
VORSTELLUNG VON WHITNEY BREER, BERUF
Heike Drexel: Ja, super gerne. Whitney, und zwar, wir haben heute ein mega spannendes Thema. Wir sprechen nämlich heute über Leadership Excellence, also übersetzt: Ausgezeichnete oder exzellente Führung. Das ist ja ein Thema, das für jeden Unternehmer und jede Unternehmerin total existenziell ist, aber auch aus der Perspektive der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen genauso wichtig ist. Und du hast sehr viel Erfahrungen gesammelt, du bist ja jetzt schon seit über 25 Jahren in dem Business. Hast über zehntausende Menschen gecoacht, bist Top-Speakerin und hast jetzt auch sogar noch ein Sachbuch, ein Fachbuch geschrieben.
Whitney Breer: Absolut.
Heike Drexel: Ja, mit dem Titel: Führung beginnt bei dir.
Whitney Breer: Ja, richtig.
Heike Drexel: Super, da gehen wir auch nachher noch ein bisschen drauf ein. Dein Ziel ist es, das Publikum zu begeistern, zu inspirieren, sodass es Verantwortung für das eigene Leben übernehmen kann und selbst gewünschte Veränderung in Gang setzen kann.
Whitney Breer: Absolut richtig.
ERKENNEN VON PROBLEMEN, KONFLIKTMEDITATION
Heike Drexel: Doch bevor wir jetzt dann eben konkret werden und so richtig auf Handlungsempfehlungen eingehen wollen, damit unsere Zuhörer und Zuhörerinnen auch ein paar Tipps mitbekommen, für ihr eigenes Leben als Mitarbeiter und als Unternehmerin, möchte ich gerne mal wissen, woran kann man denn merken oder woran stellt eine Führungskraft fest, eine Top-Führungskraft, dass es eben auf der Ebene darunter oder eben auf der Ebene der Mitarbeiter, dass da was nicht stimmt?
Whitney Breer: Ja, ich arbeite auch sehr viel im Bereich Konfliktmediation. Ich sage leider, es tut mir immer in der Seele weh, weil bis jemand extern angerufen ist oder wird, ist die Kacke schon am Dampfen. Das ist so schlimm. Meistens ist es der Fall, weil es ist einfach, es wird nicht wahrgenommen. Und ich glaube, es hängt ein bisschen von der Persönlichkeit ab, von den Mitarbeitern, wie sie mit Stress, wie sie mit diesen Themen, mit dem Elefanten im Raum, umgehen. Und viele Menschen haben nie gelernt, Feedback zu geben und Feedback ist zum Beispiel eine erlernbare Kompetenz. Wie Kochen, Fahrradfahren oder SAP, wir müssen das auch lernen. Wenn ich diese Kompetenz nicht habe, dann meistens schlucke ich. Ich sage gar nix und hoffe, dass das Thema von alleine weggeht, aber es geht nicht alleine weg. Und dann irgendwie, irgendwann ist der Frust bei mir so tief, das geht von Frust bis verärgert bis wütend, bis zornig, verschiedene Stufen. Und dann, bis es so weit ist, wird es ganz laut im Team, wenn Menschen sehr dominant sind oder ganz, ganz leise, wo Menschen einfach nichts sagen. Und es gibt aus meiner Erfahrung meistens entweder – oder. Es gibt beides. Es gibt im Team, die Menschen, die das sehr laut, vehement ansprechen, die sind wütend und anderen, die eher sich zurückziehen.
Ich merke es, wenn ich ein Teammeeting leite, auch wenn das online ist, New Ways of Working, gemischte Teams, manche sind remote, manche sind vielleicht da im Büro. Wer meldet sich, wer schaltet seine Kamera nicht mehr an? Menschen, die das nicht mehr machen und Menschen, die nur das Nötigste machen. Es ist meistens einfach wie sie-. Es ist schwer zu erklären, Heike. Aber ich sage es dir, bis es so weit ist, ist es meistens einfach, wird nicht wahrgenommen. Und Führungskräfte oder Menschen glauben: Es sind alle Erwachsene, das können sie alleine lösen und das werden sie schon. Aber das tun sie nicht, weil diese Fähigkeit Feedback zu geben, fehlt.
Heike Drexel: Okay und die Führungskräfte, denke ich, können es feststellen. Wahrscheinlich, wenn sie einen sehr hohen Krankenstand vielleicht haben oder Fluktuation im Unternehmen ist, oder?
Whitney Breer: Ja, ich meine, ganz am Anfang ist es eher diese Stille im Team, dieses leise oder ganz laut, aber dann zum Schluss Krankenstand, Burnout. Was haben wir noch? Deadlines werden verpasst oder zum Beispiel, dass ist einfacher, es ist in einem Projektteam, Meetings werden nicht angenommen: Ich habe keine Zeit dafür. Es gibt sehr viele Sachen, die ein Signal für Widerstand und Frust sind, nicht nur zum Schluss Krankenstand oder Burnout oder andere Themen. Die Bereitschaft mitzumachen, an Projekten teilzunehmen oder Informationen pünktlich zu liefern und, und, und. Es gibt sehr viele. Und lästern in Teams, diese Kleinigkeiten führen dazu, dass der Krankenstand sehr hoch wird.
AKTUELLE PROJEKTE
Heike Drexel: Und was machst du dann konkret, wenn du jetzt tatsächlich so einen Auftrag bekommst? Da, wo die Führungskraft festgestellt hat, da stimmt irgendwas nicht und du wirst jetzt zu so einem Coaching dazu gerufen.
Whitney Breer: Im Moment mache ich das für ein Unternehmen in Österreich, für zwei verschiedene Teams. Und das Erste ist erstmal diese Auftragsklärung mit dem mit dem Teamleiter. Was nehmen Sie wahr? Krankenstand, Kündigungsrate und so weiter. Und danach habe ich ein Interview, online, nicht per Telefon, MS-Teams oder Zoom, mit jeder Person aus diesem Team. Und die Interviews dauern irgendwo zwischen 30 Minuten und zwei Stunden. Heute Morgen hatte ich einen Call, es war eine Stunde geplant, es ging fast zwei Stunden. Und das ist eine Frau, die kurz davor ist zu kündigen. Sie wird auch wahrscheinlich auch gehen, weil sie kann das nicht mehr. Das ist einfach to much gewesen. Auch der Konflikt im Team ist für sie so eine Last geworden, sie hat keinen Bock mehr zur Arbeit zu gehen. Und ich führe diese Interviews durch, weil ich glaube, jeder Person sollte zugehört werden, ernst genommen werden. Weil jede Perspektive, jeder Blickwinkel hilft mir wie Puzzleteile, dieses Bild zu sehen. Viele, viele Themen sind systemisch. Ich gucke nicht die Personen an, ich gucke das Verhalten an und wenn jemand zum Beispiel viel jammert, dann denke ich: Was steckt dahinter? Was braucht sie in diesem Fall? Wieso jammert sie sehr viel? Und oft ist es zum Beispiel ein Bedürfnis für Anerkennung und Lob. Und dann frage ich sie: Wie wichtig ist dir so positives Feedback? Sehr wichtig. Wann hast du das letzte Mal bekommen? Das kann ich dir nicht sagen. So, ich gucke das Verhalten an, als Verhalten, nicht dieser Person die Schuld dafür zu geben, weil irgendwas treibt diese Person an. Wenn diese Person wütend ist, denke ich: Okay, was steckt dahinter? Was triggert diese Emotionen? Wieso ist sie oder er wütend? Und dann gehe ich Schritt für Schritt rückwärts, um wirklich zu schauen und das Ganze zu sehen.
Heike Drexel: Aber kannst du denn dieser Person dann die Wertschätzung geben, die sie braucht? Oder müsste das dann nicht eigentlich die Führungskraft machen?
Whitney Breer: Ja, das kommt nicht von mir, das muss von verschiedenen Richtungen gehen. Und das ist ein Teufelskreis, wenn jemand giftig ist oder jammert oder nörgelt oder unfreundlich ist, da steckt ein Bedürfnis dahinter. Meistens, aus meiner Erfahrung, ist es ein Bedürfnis für Anerkennung und Wertschätzung oder für Anerkennung, für ihre Expertise und Erfahrung, was sie in diesem Team nicht bekommt. Und Anerkennung für sie als Person, dass sie so viele Überstunden leistet, aber das wird in diesem Unternehmen und diesem Team als selbstverständlich angesehen. So, und wenn sie das nicht bekommt, dann wird sie wirklich giftig. Und durch dieses Verhalten bekommt sie-, das ist ein Teufelskreis-, bekommt sie dann nicht diese Anerkennung und Wertschätzung von ihren Kollegen, die sie braucht, weil sie sehen sie als giftig und Jammerlappen. Aber dann jammert sie weiter, weil sie das nicht bekommt und das ist oft so ein Abwärtsspirale. Und die Führungskraft, in diesem Fall ist ein Mann, die Führungskraft: Ich habe keine Ahnung, was los ist. Streicheleinheiten, was braucht diese Person? Und das ist einfach so ein systemisches Problem.
Heike Drexel: Gut erkannt und jetzt wollen wir natürlich eine Lösung.
Whitney Breer: Das hängt vom Team ab. Ich glaube, besonders in der Covidzeit und auch dieses Team ist massiv in der Covidzeit gewachsen. Zwei verschiedene Standorte und die sehen sich nicht jeden Tag. Sie gehen nicht in die Kantine zusammen, sie trinken nicht jeden Tag Kaffee zusammen und es ist meistens online. Und dazu haben sie nie wirklich sich als Mensch kennengelernt. Das klingt so banal, aber das haben sie nie wirklich. So kleine Ausflüge: Ja, wer bist du? Was ist dir wichtig? Wie tickst du? Was ist dein Wertesystem? Wie bist du gestrickt? Und dann vor allem: Was ist uns als Team wichtig? Wie gehen wir miteinander um? Regeln klingt so kindisch, aber wie Kinder zuhause brauchen auch Menschen in ein Team, Spielregeln. Und die können nicht von der Führungskraft kommen, die müssen einfach aus diesem Team gemeinsam entschieden werden. Wir legen Wert auf Ehrlichkeit, Transparenz, Wertschätzung, Kommunikation, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und, und, und. So sieht das im Team bei uns aus, so leben wir das im Team. Und das müssen sie erstmal für sich entscheiden. Und dann, wie kleine Kinder, verlassen wir diese großartige Veranstaltung und viele sagen: Vielleicht haben sie es nicht so ernst gemeint. Ich gucke, wie weit ich kommen kann. Genau wie zu Hause mit Mama und Papa, das Kind sagt: Hat Mama das wirklich ernst gemeint? Ich gucke mal, wie weit ich gehen kann. Ich teste meine Grenzen. Und das ist auch menschlich, auch bei erwachsenen Teams. Und viele Mitarbeiter gehen: Ich gucke mal, ob sie das wirklich ernst gemeint haben, mit Pünktlichkeit oder was weiß ich. Oder es wird irgendwann weiter gelästert und niemand spricht das Thema an und dieser Mitarbeiter kommt damit durch. Und es wird nicht angesprochen und kommt weiter damit durch und dann ist der Elefant im Raum. Und niemand gibt Feedback und spricht auch ein Machtwort. Und das ist auch: Jetzt haben wir uns entschieden, so gehen wir damit um. Aber auch diese Fähigkeit, das Verhalten in der Zukunft anzusprechen. Ja, wenn das Kind zu Hause nicht sein Wille bekommt, von Mama, dann geht er zum Papa oder zum Erzieher und testet da. Und da müssen auch die Eltern oder die Erzieher zusammen an einem Strang ziehen, oder?
Heike Drexel: Das heißt also, eine Lösung wäre zum Beispiel, dass man in so einem Fall tatsächlich mal so ein Wochenende macht, mit allen zusammen, so ein Teammeeting oder Teamveranstaltungen, um einfach sich besser kennenzulernen.
Whitney Breer: Ich bin der Meinung, du brauchst mindestens zwei Tage. Du brauchst eine Nacht irgendwo und nicht irgendwie an einem Tag in einem Meetingraum, im Unternehmen zu sitzen. Dieses Offside, es muss nicht weit weg sein, es muss auch nicht teuer sein. Ich empfehle wirklich das Unternehmen, das Gelände, das Gewohnte zu verlassen. Irgendwo, auch hier im Bergischen Land, schöne Hotels, irgendwo sich zurückzuziehen und das zu besprechen. Und dann abends zusammen zu kochen und was zu Essen, Essen gehen, eine kurze Wandertour und dann am nächsten Tag weiter. Und das hilft. Das klingt so banal.
Heike Drexel: Banal eigentlich.
Whitney Breer: Banal, so Old Fashioned, altmodisch, aber es ist einfach so. Wir brauchen einfach: Wer bist du als Mensch? Ich sehe dich nur in MS – Team – Calls oder wir sehen uns nur kurz. Und wer bist du? Wie tickst du? Was ist dir wichtig? Und was ist mir wichtig?
Heike Drexel: Ja, ich denke, dieses Thema mit Corona, das halt so viele Leute-.
Whitney Breer: Ja.
NEW WAY OF WORKING
Heike Drexel: Ja, also ich habe in einem Podcast mal gehört, wie einer gesagt hat, ein Unternehmer: Er bezahlt seinen Mitarbeitern mittlerweile sogar die Mittagspause, damit auch wirklich die Leute alle zusammenkommen und in der Mittagspause zusammen im Unternehmen sich treffen und einfach auch über Dinge miteinander sprechen.
Whitney Breer: Wahnsinn.
Heike Drexel: Ja, das fand ich eine total coole Geschichte.
Whitney Breer: Ja, es ist New Ways of Working, das ist auch Führung. Was brauchen meine Mitarbeiter heute? Erwartungen sind anders. Und es ist ja witzig, im ersten Lockdown waren alle total unter Schock mit Homeoffice und MS – Team Calls oder Zoom. Gut, dazu hatten wir auch Homeschooling, Home Everything und dann unter einem Dach, in vier Wänden mit der Familie oder auch mit zwei Haustieren. Keine Ahnung, es war wie ein Kessel, wie ein Teekessel. Das war es sehr, aber heutzutage ist das für viele Mitarbeiter selbstverständlich. Ich arbeite von zu Hause aus, ich kann mehr schaffen. Und das ist auch schwierig, dieser Spagat, wo viel Unternehmen eine klare Entscheidung treffen müssen. Die meisten Unternehmen, die ich begleite, wo es eine Option ist. Nicht alle Berufstätigkeiten können vom Homeoffice ausarbeiten, aber die die das haben, die meisten Lösungen im Moment, die ich sehe, ist zum Beispiel zwei Tage oder drei im Büro und zwei bis drei im Homeoffice. Und an diesen Tagen im Büro ist ein Tag in der Woche festgelegt, wo alle Mitarbeiter da sind. Sonst hast du: Du bist am Mittwoch da, ich bin am Donnerstag und es nützt keinem Mensch, wenn ich alleine im Büro sitze. So, es ist mindestens ein Tag in der Woche, dann haben sie ihre Teammeetings, Face to Face. Sie sind da, wenn das möglich ist und das ist, wo es auch Groß-, Mittel-, und Kleinunternehmen, das ist die Lösung, die ich im Moment sehe.
Heike Drexel: Nochmal eine Frage dazu, weil mir das gerade so nochmal einfällt. Was hältst du denn als Expertin von diesem Konzept, das ist ja auch so ein New Work Konzept, dass die Mitarbeiter gar nicht mehr ihren festen Arbeitsplatz haben. Gerade, weil durch dieses Thema, durch Corona, durch dieses viel im Homeoffice, sind ja viele Unternehmen dazu übergegangen und sagen jetzt, wir haben einfach ein Pool an Schreibtischen und die Leute kommen, locken sich dann ein und gehen dann halt an irgendeinen Schreibtisch XY und arbeiten da. Aber es geht ja so, ich sage jetzt mal wirklich so krass, es geht da so ein bisschen Stück Heimat verloren, wenn man sich so in seinem eigenen Büro eingerichtet hat, mit seinen Pflänzchen, vielleicht noch an der Fensterbank und seinen Bildern und so weiter. Die schleppe ich ja dann so nicht mit, wenn ich jeden Tag woanders arbeite. Wie siehst du das?
Whitney Breer: Es ist ein schwieriges Thema. Es gibt in Leverkusen einen großen Chemiekonzern und die haben zum Beispiel während Covid, viele Gebäude, die sie in der Zeit gemietet haben, den Mietvertrag nicht mehr verlängert. Das heißt, diese Büros, diese Gebäude, der Eigentümer war nicht dieser Konzern, es war jemand anders. Jetzt ist ein anderes Unternehmen da drin. Das heißt, diese ganze Arbeitsplätze sind weggefallen und es gibt nicht genug Schreibtische, weil das Unternehmen hat erkannt, viele Mitarbeiter möchten dann von zu Hause aus arbeiten. Das spart uns auch Geld, Energiekosten, alles. Aber dann dieses bin ich wieder da bin, ich habe keinen Platz. Wo ist das Bild von meiner Familie und meine Lieblingskaffeetasse? Ich muss jeden Tag aufräumen, mein Zeug wegnehmen, mitnehmen nach Hause und dann kann ich zu Hause bleiben, da habe ich meinen Arbeitsplatz. Für mich gibt es keine saubere Lösung. Menschen möchten einfach, aus meiner Erfahrung, vielleicht ist das die Älteren. Vielleicht ist Generation Z, keine Ahnung, die nächste Generation daran gewöhnt, so mobil und agil zu arbeiten, dass es für sie einfach selbstverständlich ist. Mein Sohn, ich habe Söhne, aber einer ist 24 und der eine hat seinen Laptop und was weiß ich dabei und kann sich überall so einrichten. Er sagt: Ja Mama, ich brauche keine Lieblingskaffeetasse, dafür haben sie einen Schrank in der Küche. Vielleicht ist es einfach eine Generation und was sie sich erwarten und vorstellen. Du brauchst einen Podcast mit Gen Z oder Millennium oder wie auch immer die alle heißen. Keine Ahnung, Millenniums oder so was wie: Was brauchen Sie? Ich schätze mal, sie nennen sich Digital Natives. Die Digital Natives sind eingeboren, sind so damit aufgewachsen und das ist für die normal. Für mich ist das: Ich brauche meine Lieblingstasse, ich brauche mein Lieblingsstift und ich vielleicht ein Foto von meinem Urlaub, keine Ahnung. Und das ist mein Platz. Aber für viele vielleicht, die nächste Generation sagt: Brauche ich nicht, ich kann überall arbeiten. Also das ist mein Mindset, keine Ahnung.
EIGENSCHAFTEN EINER FÜHRUNGSKRAFT
Heike Drexel: Ja, ich weiß nicht, ob es immer gleich bleibt, aber was sind denn so die wichtigsten Eigenschaften, die eine Führungskraft mitbringen sollte, um eben exzellent Leadership zu betreiben?
Whitney Breer: Oh, da könnte ich noch ein Buch dazu schreiben. Ich glaube, es gehören auch einige Sachen dazu und das ist wirklich wichtig: Du möchtest Menschen führen. Das ist auch in Unternehmen sehr tricky, für die nächste Gehaltsstufe, wenn du nach oben gehst, das heißt, du musst Führungsverantwortung übernehmen und dann die Frage ist: Möchtest du das? Was bedeutet das? Und viele sind auch Fachexperten, die haben ihre Fachbereiche, sie lieben, was sie tun, ob das im Labor ist oder was weiß ich, sie lieben das. Und plötzlich erkennen sie: Ach, Scheibenkleister, ich leite ein Team. Ich muss diese Mitarbeitergespräche führen. Ich muss einen Plan, ich muss einen Entwicklungsplan, ich muss dies und das. Und jetzt gibt es dazu einen Konflikt. Sind wir im Kindergarten? Könnt ihr das nicht alleine? Also, viele sind erst mal überrascht und denken: Ich möchte die nächste Gehaltsstufe haben, ich möchte nach oben. Aber das bedeutet Führung. Und ich glaube viele, wenn ich Führungskräfteentwicklungsprogramm leite, auch mit Anfängern, so die Neuen, die High Potentials, dann frage ich die immer: Was versteht ihr unter Führung? Was bedeutet das für euch? Und es ist nicht nur die fachlichen Themen voranzutreiben. Je höher man wird, desto entfernter ist man von diesem Fachexperte. Es heißt, Menschen zu entwickeln, Menschen zu befähigen. Möchtest du das wirklich machen? Das ist eine wichtige Frage. Und das ist sehr, sehr schwer, weil dann bist du auf irgendeiner Ebene im Unternehmen, wo du nicht mehr weiterkommst, weil du sagst: Diese Kindergartenkacke hier mit Konflikten und Teammeetings. Und du machst das und dies und das und Payroll und Urlaub und dies und das. Da muss ich das alles machen, wo ist meine Leidenschaft? Meine Leidenschaft ist bei Thema XYZ. Und das ist erstmal ein Verständnis zu schaffen. Bei Empathie, freue ich mich, wenn ich sehe, dass meine Mitarbeiter über sich hinauswachsen, dass sie sich weiterentwickeln, dass sie Empowerment, dass sie Themen an sich nehmen, dass sie jetzt langsam Feedback annehmen und, und, und. Freue ich mich darüber? Ich hoffe als Führungskraft und das ist wirklich erst mal dieses: Lass uns einen Schritt zurückgehen. Was bedeutet das, Menschen zu führen? Ich sage es immer so: Leaders are people others want to follow. Möchte ich dir auch folgen? Vertraue ich dir dazu? Folge ich dir als Führungskraft oder nicht? Und ich folge nur den Menschen, wo ich Vertrauen habe, wo ich glaube, diese Person glaubt auch an mich und wird mich auch weiterbringen. Und nicht nur, dass ich hier geduldet wäre. Und viele Führungskräfte vergessen das.
Heike Drexel: Ja, sonst gäbe es ja auch nicht diese Konflikte oder diese fehlende Wertschätzung, die die Menschen empfinden von den Führungskräften.
Whitney Breer: Es gibt so den Spruch: Menschen verlassen kein Unternehmen, die verlassen diese Führungskraft. They don’t leave their Job, they leave the Leader. May they leave the Company? Sie verlassen einfach diese Person, die nicht führen kann. Aber es klingt so, als ob die Führungskräfte die Buhmänner sind, das möchte ich auch nicht behaupten. Die stehen unter enormem Druck. Mir hatte neulich jemand gesagt: Whitney, es wird von uns erwartet: Wir geben Feedback und Lob und bla bla blubb, aber wir bekommen das selber nicht von unseren Mitarbeitern. Die kommen nur zu uns, wenn sie ein Problem haben. Wir sind Problemlöser, wenn sie ein Thema haben, aber wir selber kriegen das nicht. Und das ist irgendwie unfair. Ich habe Ihnen gesagt: Ja, ich stimme dir zu, es ist einfach sehr schwer. Ich frage auch die Mitarbeiter in solchen Interviews: Wann hast du deinem Chef das letzte Mal positives Feedback gegeben? Gucken sie mich einfach ziemlich blöd aus der Wäsche an. Sie gucken mich an: Keine Ahnung. Das ist ein Geben und Nehmen, ein bisschen Karma mäßig. Und das zu geben, was ich brauche, bringt auch viel.
Heike Drexel: Vielleicht ist das auch ein Systemproblem, weil wenn ich jetzt gerade noch mal an eine Konzernstruktur denke, ich denke vielleicht, in Familienunternehmen mag das eben tatsächlich noch mal anders ausschauen, aber wenn du an eine Konzernstruktur denkst, die Menschen, die eben auf dieser Top Ebene sind, Vorstand und so, die kriegen ja keine Wertschätzung von drumherum. Und wenn du das, wenn du eben so dieses Prinzip top down, was von oben kommt, wird nach unten weitergegeben. Es ist dann vielleicht auch wirklich schwierig für eine Führungskraft, die dann da mitten steht, dass ihren, den eigenen Mitarbeitern diese Wertschätzung zu geben, wenn sie selber aber wiederum von den eigenen Chefs nicht bekommt, weil die es ja auch wieder nicht bekommen.
Whitney Breer: Richtig. Ja, das ist einfach diese Abwärtsspirale, ein Teufelskreis. Wie auch immer, das ist schwer. Diese Führungskräfte sind manchmal sehr, sehr einsam. Lonely at the Top. Es ist einsam, weil sie brauchen klare Grenzen zu den Mitarbeitern. Sie kriegen auch keine echte Wertschätzung von denen. Sie sind die Problemlöser. Sie machen und tun, arbeiten auch sehr hart und müssen oft Entscheidungen top down, die sie selber nicht getroffen haben, umsetzen. Und sind da der Buhmann für das Team, wenn das angekündigt ist oder angekündigt wird. Es ist nicht einfach.
DIE KENNEDY GESCHICHTE
Heike Drexel: Kann dann vielleicht die Lösung sein, dass man tatsächlich versucht, die Menschen mitzunehmen über die Vision? Du hast so eine wunderbare Geschichte beschrieben mit dem Kennedy, kannst du die mal erzählen? Du weißt, worauf ich hinauswill?
Whitney Breer: Ja, als Kennedy, da diese NASA – Station, dieses Space Center, da in Florida besucht hat. Es wurde damals gebaut, das war relativ neu und Kennedy, als Präsident, ist da durch die Tür gekommen, hatte einen Termin. Und da war ein Mann, da im Eingangsbereich und Kennedy war ein bisschen früher da. Damals gab es keine Handys. Er ist einfach früher aufgetaucht und der Mitarbeiter hat den Boden gewischt und Kennedy hat ihm an die Hand gegeben und ihn begrüßt und fragt ihn: What do you do here? Was machst du hier? Und du denkst, der Hausmeister aber, der sagte: I’m here to help put a Man on the Moon. Wie sagt man das auf Deutsch?
Heike Drexel: Ich bin hier, um der Menschheit auf den Mond zu verhelfen.
Whitney Breer: Ja, und Kennedy war-.
Heike Drexel: Ich kriege richtig Gänsehaut, immer bei der Geschichte.
Whitney Breer: Kennedy sagt: Wie bitte? Und Kennedy hat, laut Geschichte, mehrere Menschen auch gefragt, an diesem Tag. Ob es in der Kantine ist oder ein Forschungszentrum oder diese Person, die die Rakete entwickelt hat. Und jeder sagte das gleiche: I’m here to help put a Man on the Moon. Und am Nachmittag hatte Kennedy diesen Termin bei dem Leiter von diesem Zentrum und fragte ihn und dann sagte der Leiter, dieser Space Center Direktor: Natürlich Präsident Kennedy, jeder trägt dazu bei, dass wir letztendlich unsere Ziele erreichen. Ob das jemand ist, der den Boden wischt, der ist auch wichtig und auch die Person, die die Rakete entwickelt, weil ohne deren Hilfe würden wir das nicht erreichen. Und das ist wichtig, dass jeder Mensch versteht, wie wichtig sein oder ihr Beitrag ist, zu dieser Gesamtvision. Ich hatte auch in einem großen Unternehmen, in Süddeutschland, ich fragte eine Frau: Was machst du? Und sie sagte zu mir: Ach, nichts. Ach nein, es ist nicht nennenswert. Was machst du in diesem Unternehmen? Ja, ich entwickle die PowerPoint Folien für den Vorstand, wenn sie präsentieren. Wie bitte? Ja, sie geben mir die Zahlen, Daten, bla, bla, blubb. Ich entwickle die Folien, ich mache sie lesbar, kreativ und nicht zu viel auf eine Seite und, und, und. Das ist ja eine mega Verantwortung. Das heißt, alles, was sie nehmen als Vortrag, von diesem Großkonzern, so preisgibt, ob das irgendwie im Fernseher ist oder Mitarbeiterversammlung. Machst du das? Sie sagte: Ja. Also allein diese Tatsache, dass diese Frau diesen Job nicht als wertvoll sieht, das ist diese Kennedygeschichte. Natürlich trägt sie dazu bei. Stell dir vor, diese Folien würden dann kacke aussehen oder Grafiken sind nicht lesbar oder was weiß ich. Was für eine Botschaft. Also ich war einfach baff, ich war sprachlos. Jede Person ist wichtig Unternehmen. Natürlich gibt es Hierarchien, natürlich gibt es Rollen, Verantwortlichkeiten und verschiedene Gehälter, aber jeder trägt dazu bei, dass das Unternehmen seine Ziele erreicht. Punkt. Das war das Wort zum Sonntag.
INHALTE AUS DEM BUCH
Heike Drexel: Das war schon ein ganz wichtiger Teil von dem Punkt, den du ja auch in deinem Buch beschrieben hast. Passion und Purpose.
Whitney Breer: Ja, wieso tue ich, was ich tue? Ich weiß, viele sagen: Oh, Whitney Purpose, Sinn. Wieso stehe ich morgens auf? Das ist alles überbewertet. Und ich denke: Nicht wirklich, weil ich habe dann für mich einen Purpose. Wieso ich tue, was ich tue, und das treibt mich dann an. Es gibt mir auch Klarheit Entscheidungen zu treffen, klare Entscheidungen zu treffen. Und Passion, ja es gibt auch Tage, manchmal in einem Job, wo ich hingehe: Boah, das ist eine sehr unbeliebte Aufgabe, aber es gehört auch dazu und ich mache das. Genau wie ich und die Buchhaltung, aber das gehört dazu als Selbstständiger. Du musst das auch machen. Ich meine, ich kann das auch weggeben und delegieren, aber letztendlich auch da, Finanzen, das ist meine Verantwortung. Aber Passion ist was, das gibt mir Energie. Was treibt mich dann an? Wo kriege ich Kraft? Wo finde ich Freude an was ich tue?
Heike Drexel: Ja, das ist richtig. Kannst du noch ein bisschen was von dem Buch erzählen, bitte? Also, worum geht es da in dem Buch? Es heißt ja: Führung beginnt bei dir.
Whitney Breer: Ja, das Buch ist auch ungewöhnlich. Es ist ein Sachbuch, aber es ist ein Roman. Es ist ein Businessroman. Ich glaube, wenn ich auf der Bühne stehe und rede, ich glaube, dass Menschen am besten lernen, wenn die Kernbotschaft in einem Buch verpackt ist und in einer Geschichte verpackt ist. Und diese Geschichte habe ich erfunden. Ich saß in 2018 mit meinem Vater am Strand, ich komme aus Florida. Ich sage: Dad, I want to write a Book. Er sagt: Ja, ich weiß. Du willst immer, seit du klein warst, ein Buch schreiben. Worum geht es? Ich sage: Führung, Führung, Führung. Ich will irgendeine Führung. Und er sagt: Whitney, du hast über 20 Jahre Erfahrung. Schreib einfach ein paar Tipps. Nein, es muss mehr sein. Da habe ich eine Geschichte erfunden, über eine Frau. Sie ist Tochter, sie hat auch einen Bruder. Sind beide im Unternehmen. Und der Vater will auch in zwei, drei Jahren in Ruhestand gehen. Und es ist schon vereinbart, dass sie das Unternehmen führt. Der Bruder bleibt in dieser Geschichte als der Leiter von der IT, aber Last Minute entscheidet er, dass sie nicht so weit ist.
Heike Drexel: Der Vater?
Whitney Breer: Der Vater. Sie ist sachlich super, aber menschlich-.
Heike Drexel: Ausbaufähig.
Whitney Breer: Ausbaufähig, ja, gelinde gesagt. Und sie ist wirklich wütend. Sie tobt und schreit: Das ist unfair, bla bla bla. Und er sagt: Kathrin, Führung ist ein Privileg, kein Geburtsrecht hier im Unternehmen. Und er schickt sie auf eine Reise, eine globale Reise. Sie weiß nicht, wohin es geht, nur die erste Station. Und wenn sie das absolviert hat. Sie verbringt Zeit mit jemand, den er kennt oder aus seinem Netzwerk und zeigt ihr einen Aspekt von Führung, wie er das gelernt hat. Und wenn sie da fertig ist, dann kriegt sie ein Schreiben von ihm und reist dann zur nächsten Station. Und lernt da vor Ort einen ein Aspekt von Führung. Und so sind diese Bausteine, dieses Prisma Modell. So entstanden diese fünf Faktoren von Führung. Natürlich ist Führung viel breiter und viel tiefer und viel komplexer, aber ich sage: Keep it simple. Wenn wir diese fünf erst mal meistern, kommen wir viel, viel weiter im Unternehmen.
Heike Drexel: Was sind jetzt die fünf? Wir hatten jetzt zwei.
Whitney Breer: Ja, P. ist PRISM, wie ein Prisma. Ich habe auch ein Symbol gesucht für dieses Modell, weil es gibt immer einen Kreis, es gibt ein Dreieck, es gibt ein Quadrat. Es gibt überall Modelle, aber ein Prisma hat mit Licht zu tun, mit Blickwinkel und Perspektive zu tun. Prisma hieß anfänglich Prism, ohne A am Ende. Und P. steht für Purpose and Passion und R. steht for Relationship. Wie baue ich Beziehungen zu einem Menschen auf? I. heißt instilling Energie, da habe ich wirklich lange gesucht. E. ist Energie, ist meine Energie, meine Einstellung. Und Energie, meine Energie ist auch ansteckend. Instilling heißt Energie einflößen. So wahrzunehmen, wie ich drauf bin, beeinflusst auch meine Umgebung. Wenn eine Führungskraft einen Call hat oder auch vor Ort ist und ist superschlecht gelaunt, gestresst, das färbt dann ab auf die Mitarbeiter. So, dass PRI, S. ist Stärken, Strings. Stärken in meinen Mitarbeitern zu erkennen, nicht nur die Schwächen zu sehen, aber auch Stärken aufzubauen. Und M. heißt Mindset, dass ist diese Wachstumsmentalität, aus Fehlern zu lernen, Feedback geben zu können und so weiter. So, das sind die fünf Aspekte. Und in diesem Buch sind auch nach jedem Kapitel für die Führungskräfte, die eher das sachlich lesen möchten, eine sachliche Zusammenfassung, plus auch Platz zu schreiben über seine oder ihre Erfahrung. Um das wirklich direkt anwenden zu können.
Heike Drexel: Also ein richtiges Arbeitsbuch.
Whitney Breer: Ja, ja.
Heike Drexel: Ja, super. Also wer jetzt da neugierig geworden ist, der kann das natürlich gerne kaufen.
Whitney Breer: Ja, ein bisschen Liebe ist auch dabei, weil es ist ein Roman. Ein kleines bisschen Romantik.
DIE GESCHICHTE DES BETRUNKENEN KROKODILS
Heike Drexel: Ja, sehr schön. Zum Schluss sage ich noch mal ganz kurz deine Kontaktdaten beziehungsweise schreibe die auch in die Shownotes natürlich rein. Und darüber kann jeder, der jetzt da Interesse hat, das mal zu lesen, sich da darüber informieren, wo es das gibt. Ja, ich wollte jetzt noch gerade noch mal was sagen. Und zwar weil du sagtest, Mindset. Mindset hat ja auch was mit dem Thema Resilienz zu tun. Es gibt nämlich noch eine ganz schöne Geschichte, die ich von dir erfahren habe, in der Vorbereitung. Und zwar, du weißt, worauf ich hinaus will. Du bist perfekt dafür eigentlich angezogen.
Whitney Breer: Ich bin zu warm an heute, da wusste ich nicht, dass diese Geschichte kommt. Das war doch das Thema, oder?
Heike Drexel: Genau, sag du.
Whitney Breer: Das ist das Thema Resilienz und Mindset ist mir einfach wichtig und ich durfte das an eigenem Leib in 2015 erfahren. Ich als Amerikanerin, wohne seit über 20 Jahren im Bergischen Land. Ich liebe es hier. Ich wohne jetzt in Engelskirchen, finde ich noch besser. Alles Stadtnah und Engelskirchen klingt auch schön. Und trotzdem vergesse ich immer wieder, wie wichtig Karneval hier in Rheinland ist. Und ich hatte dann, sehr naiv, in 2015 einen Termin zugesagt, für ein Großunternehmen, circa drei Stunden südlich von hier. Und ich hatte keinen Bock, da irgendwie ganz früh morgens auf der Autobahn zu fahren und dann die A3 und dann A61 und A5 und was weiß ich. Das ist ja ätzend. Habe ich mich sehr naiv entschieden mit der Deutschen Bahn zu fahren. Der Termin war dann am Rosenmontag und alle, die jetzt zuhören, schütteln den Kopf und sagen: Oh, blöde Ausländerin. Ja, ich weiß, hätte, hätte, Fahrradkette. Ich würde das jetzt ganz anders machen, aber ich habe zugesagt. Und ich ganz brav, habe auch ein Taxi gebucht. Ich habe damals in Köthen gelebt und das Taxi hat mich abgeholt zum Hauptbahnhof. Um 6:30 Uhr war ich da, also ganz früh und es waren noch ein paar Betrunkener vom Abend davor, aber das ist okay. Das war relativ ruhig noch, am Rosenmontag, um 6:30 Uhr. Und ich saß hinten im Taxi und ich war beim Zahlen. Ich hatte mein Portemonnaie, die Geldscheine, Deutschland liebt Bargeld, so gesucht und der Taxifahrer war auch am Gucken mit einer Quittungsschreiben. Und plötzlich krachte das ganze Taxi, das war wirklich wie ein Erdbeben. Das Ding hat geschüttelt. Wir waren erschrocken, schauten dann nach vorne und haben unsere Augen das zugetraut. Wir sind aus dem Taxi gestiegen, so gehetzt nach vorne gerannt und da lag auf der Haube von diesem Taxi ein Krokodil, ein grünes, 2 Meter großes Krokodil. Und damals gab es, in 2015, auch noch Bier, so Flaschen, nicht nur Dosen, aber Flaschen aus Glas. Ist das jetzt erlaubt, Flaschenglas?
Heike Drexel: Ich glaube, in dem inner circle nicht.
Whitney Breer: Ja, aber damals 2015, hatte dieses Krokodile, diese zwei Glasflaschen jeweils in einer Hand und lag da regungslos auf diesem Taxi. Und ich dachte: Oh Scheiße, wir haben ein totes Krokodil auf der Haube. Und der Taxifahrer guckte mich an und sagte: Keine Ahnung. Guckte über die Schulter, so: Keine Ahnung. Und ich habe ihm ein bisschen angestupst. Ich hoffte, dass er noch lebte und er hat sich leicht bewegt. Okay, und dann hat er versucht sich aufzusetzen, dieses Krokodil und wollte da seinen Kopf abnehmen. Um das zu tun, hat er diese zwei Glasflaschen fallen lassen, beide auf der Haube und hinterließ auch dicke Dellen. Die Flaschen sind durch die Luft gegangen und Bier, nicht auf mich, sondern auf diesen Taxifahrer. Der Taxifahrer von Kopf bis Fuß im Bier, quasi so ein Regenschauer aus Bier an diesem Morgen. Aber das Krokodile saß hoch. Der Taxifahrer guckte quasi seine Haube an. Jetzt drei Dellen, einer von diesem Krokodil und zwei von den Bierflaschen. Und er, wirklich, man hat gesehen, wir haben über Konflikt gesprochen und wie erkennst du das, der war kurz vor dem Explodieren. Er war so sauer. Der ist wirklich wie eine Tomate so rot geworden. Ich dachte, er geht gleich mit einem Herzinfarkt. Dieses Krokodilzahn hat dann seinen Kopf abgenommen und guckte uns beide an und sagte zu mir: Heyheyhey hier. Ich sagte: Was? Und der Taxifahrer guckte mich an und sagte: Hör mal, Mädel, hast du ihn verstanden? Ja, habe ich. Das hast du verstanden? Ja, habe ich. Was hat er denn gesagt? Er sagte: Der hat gerade gesagt, dass er ein Tourist ist, aus Australien. Und er musste wieder in seinem Hotel gebracht werden. Der Taxifahrer: Wie hast du das? Das ist betrunkenes Englisch. Da habe ich gesagt: Das kann ich auch, und zwar fließend. Und er lachte und sagte: Was machen wir? Ich habe die Polizei angerufen und es hat etwas gedauert. Aber jetzt hatten wir drei Ausländer. Ich als Amerikanerin, dass betrunkener Krokodile aus Australien, und es hat sich herausgestellt, der Taxifahrer war aus der Türkei und der Taxifahrer hat dann sein Deutsch vergessen. Er war so sauer, fing an, ihn auf Türkisch anzuschreien. Und ich habe gedacht, er bringt dieses Krokodil um. Und die Polizei ist irgendwann gekommen, es hat etwas gedauert durch den Rosenmontag. Und ich habe für das Krokodil dann übersetzt, ins Deutsche und der Taxifahrer hat wieder sein Deutsch wiedergefunden, irgendwie. Und bis das alles vorbei war, guckte auf die große Uhr am Platz da, es war eine Minute vor Sieben. Mein Zug fährt um Sieben und ICE in Richtung Frankfurt, Mannheim fährt dann ab. Ich bin gerannt, ich war nicht im Kostüm an Rosenmontag, nein, hohe Absätze, Rock, Laptoptasche, alles mögliche für diesen Business Termin. Das war ein Pitch für ein Auftrag. War ein großes, großes Projekt für ein Unternehmen, ein globales Projekt, wo ich weiß, wenn ich das bekomme, darf ich kostenlos mehrmals in die USA reisen und China und überall. Und ich wollte unbedingt einen Auftrag haben, also bin ich gerannt. Und die Treppe hochgerannt, Bahnsteig Nummer sechs, werde ich nie vergessen und der ICE war noch da. Oh, Gott sei Dank. Es war mir dann so peinlich. Na, wenn du aus der Puste bist und denkst: Ich bin nur 50 Meter gerannt und ich sehe so aus.
Heike Drexel: Die Treppen hoch.
Whitney Breer: Die Treppen hoch, ist total peinlich. Du denkst: Ich sollte öfter Sport machen. Aber dann bist du da oben und der ICE, die Türen gehen zu und du hörst dieses Geräusch in den ICES, dieses Vakuumgeräusch, wie die Türen dann schließen. Und ich stand draußen.
Heike Drexel: Scheiße.
Whitney Breer: Ja, Scheiße. Und du denkst dir: Oh.
Heike Drexel: Das müssen wir rausschneiden.
Whitney Breer: Ja, können wir Scheibenkleister sagen. Wie auch immer. Und ich dachte: Oh nein, nein.
Heike Drexel: Dann sind die einmal pünktlich.
Whitney Breer: Ja, die Bahn ist einmal pünktlich. Es tut mir leid, Deutsche Bahn. Und das am Rosenmontag um 7:00 Uhr. Die Bahn war pünktlich und die Bahn war dann weg und ich stand da. Und dann war ich genauso wütend wie der Taxifahrer vorhin. Ich war auch knallrot und nicht nur vom Laufen, aber ich war sauer. Sauer natürlich auf mich. Wie konnte ich so zulassen? Wieso habe ich der Polizei nicht einfach meinen Ausweis gegeben und gesagt: Ich bin in sechs Stunden wieder da. Hätte, hätte, Fahrradkette. Wieso? Und plötzlich hatte ich eine Eingebung. Und ich stand da und ich hatte in meinem Kopf witzigerweise etwas, was ich an dem Tag präsentieren wollte. Das ist auch ein Modell zum Thema Akzeptanz. Und in diesem Modell hast du, drei Kreise und der Kreis, die nach außen ist, der ist rot. Und diese Ringe stehen für die Dinge, die ich in meinem Leben oder in der Situation nicht ändern kann. Keine Kontrolle. Es heißt nicht unbedingt Opferrolle, es heißt, ich kann das eh nicht ändern. Und ich guckte auf die Uhr und ich wusste, dass der nächste, nächste, nächste Zug in eine Stunde fährt, wenn es pünktlich ist. Ich hatte eine Stunde Zeit. Ich kann es nicht ändern. Die Bahn ist erst mal weg. Ich bin nach unten gegangen. Ich habe einen Starbucks gefunden, dieser Starbucks mit alte Ledersessel, wo man sich hinsetzt und meistens auch nach unten sinkt. Dann braucht man Hilfe, um wieder aufzustehen. Ich habe mir ein Sofa Sessel gefunden, ein Kaffee bestellt, einen Muffin, mich hingesetzt und erstmal durchgeatmet. Und ich wusste, in diesem Modell, in diesem roten Kreis sind viele Dinge an diesem Vormittag schon passiert, es ist nicht mal 7:00 Uhr, die ich nicht ändern kann. Rosenmontag, das Warten auf die Polizei, dieses betrunkene Krokodil, der Taxifahrer und der Zug ist weg. Der Zug war pünktlich, jetzt ist der Zug weg und ich werde jetzt mindestens eine Stunde zu spät ankommen. Ich werde meinen Auftritt erstmal nicht hinkriegen. Und das ist auch Murphys Gesetz. Es waren drei Anbieter, ich plus zwei globale Großunternehmen. Es war wie David gegen Goliath und ich war die erste auf der Agenda. Okay. Ich weiß, auch in diesem Modell sind zwei weitere Kreise und der Kreis ganz in der Mitte, im Außenbereich ist rot, im Innenbereich ist grün. Grün steht für die Dinge, die ich in meinem Leben oder diesem Moment selbst bestimmen kann. Und was kannst du in diesem Moment selbst bestimmen? Ganz ehrlich, was ist das? Das einzige in diesem Moment war und es ist immer da, egal was passiert: Mein Verhalten. Viele, ich sage es als Coach, versuchen die Schuld für das Verhalten anderer Menschen zu geben. Aber niemand zwingt mich dazu, etwas zu sagen. Es ist mein Verhalten, was ich sage, was ich tue und letztendlich auch, was ich denke. Dazu sage ich auch gleich was. Ich habe die Wahl, das ist meine Verantwortung. Niemand zwingt mich, irgendetwas zu tun. Pistole sitzt nicht auf meinem Kopf. Ja, die Worte kommen aus meinem Mund und manchmal bedauere ich das, aber letztendlich ist es auch meine Verantwortung, was ich gesagt oder nicht gesagt oder getan nicht getan habe. Und ich weiß auch aus der Forschung, sagen auch Forscher: Wie entstehen zum Beispiel Emotionen? Nehmen wir zum Beispiel Freude, Glück, Frust, wie wir sie wahrnehmen. Wie lange dauern sie quasi in meinem Körper? Ist das ein paar Sekunden, oder was? Neurowissenschaftler sagen: Wenn wir zum Beispiel Frust wahrnehmen, ist das eine Reaktion in meinem Körper. Und das dauert irgendwo zwischen zu 30 Sekunden und drei Minuten. Aber dann sagen viele: Aber ich bin viel länger frustriert. Ich bin Wochen, Jahre frustriert. Ja, wie schaffen wir das, diese Zeit zu verlängern? Wir denken darüber nach, wir texten, wir schreiben einen Post auf Social Media, wir rufen jemanden an, wir schicken eine WhatsApp und wir denken darüber nach. Wir schreiben, lesen, tun und jedes Mal, wenn wir das tun, triggern wir nochmal diese Emotionen und bleiben frustriert oder verärgert oder auch glücklich. Das hängt von meinen Gedanken ab. Zuerst mal glaube ich, ist es okay, wütend zu sein, auf mich an diesem Bahnhof da und was alles passiert ist, aber dann weiß ich, dass ich das ändern kann. Und wenn ich wütend bleiben würde, bei diesem Unternehmen aufkreuzen würde, mit Wut oder Frust-, es mag sein, dass sie Mitleid für mich empfinden, aber die Stelle werde ich nicht bekommen. Wer möchte mit mir so arbeiten? Das heißt, ich musste meine Einstellung ändern und ich hatte dann gut zwei Stunden Zeit. Und das habe ich auch gemacht im Starbucks. Ich habe erstmal den Kreis in der Mitte ist gelb und das heißt, das sind die Dinge, die ich beeinflussen kann. Wir haben die Mittel Selbstbestimmung und dann Einflussnahme und dann keine Kontrolle. Einflussnahme für mich ist, ich kann das Unternehmen nicht dazu zwingen, mir diese Stelle zu geben. Ist so, aber ich kann das beeinflussen, indem ich gut präsentiere und da auftrete. Ich bin positiv, optimistisch, freundlich und gut gelaunt. Das war dieses I. in meinem Prism instilling Energy. Meine Energie spielt auch an diesem Tag eine wichtige Rolle. Wie ich drauf bin und ich kann die damit anstecken, so oder so. Und ich habe daran gearbeitet. Ich habe auch eine E-Mail an das Unternehmen geschickt. Ich habe nicht von dem Krokodil erzählt. Ich habe nur gesagt: Liebe Leute, es gab einen Unfall. Es war ein Tourist involviert, ist auch wahr. Und ich bin dageblieben, um für ihn zu übersetzen, auch wahr. Und dadurch habe ich die Bahn verpasst, auch wahr. Keine Unwahrheiten erzählt, nur nicht die ganze Geschichte. Und ich bin dann eine Stunde später hingefahren. Ich habe von dem Unternehmen nichts gehört. Sie haben nicht auf meine E-Mail reagiert. Ich bin trotzdem hingefahren und durfte zum Schluss präsentieren, ohne PowerPoint. Ich durfte 15 Minuten kurz Reden, statt einer Stunde, aber ich hatte meine Chance. Circa acht Monate später war ich in Houston, Texas, weil ich den Auftrag für das Unternehmen bekommen habe. Ich habe den Pitch gewonnen und durfte das globale Projekt mit meinem Team hier auch machen. Ich habe mich riesig gefreut. Da war ich in Houston und für dieses Projekt war ich in so vielen Ländern. Und es war unglaublich schön. Und dann saß ich da, am Ende der Woche, im Loungebereich, in diesem Hotel, mit dem Auftraggeber, wir haben auf ein Taxi gewartet, um zum Flughafen zu fahren. Und dann habe ich dann ein Glas Rotwein, er hatte ein Bier, ein deutsches Bier und es ist unglaublich, was passiert, wenn du ein Glas Rotwein trinkst, du erzählst die ganze Wahrheit. Und ich habe ihm dann nach einem Glas Rotwein, vielleicht zwei, die die ganze Geschichte erzählt und er fing an zu lachen. Er griff nach einer Serviette auf der Theke, in dieser Lounge und schrieb auf die Serviette: Life is full of drunken Crocodile. Und ich meinte: Was meinst du, das Leben ist voll mit betrunkenen Krokodilen? Er sagte: Whitney. Natürlich war ich total irritiert. Whitney, eigentlich hat die Geschichte was. Diese betrunkenen Krokodile treffen wir fast jeden Tag. Das sind die Themen, die Dinge, die Menschen, die Anlässe, die Situationen, wie auch immer, Weltpolitik, das sind die Dinge, die wir wirklich nicht beeinflussen, nicht ändern können. Es ist, was es ist. Aber wenn du mich fragst und er wurde sehr philosophisch: Wenn du mich fragst, unser Erfolg im Leben hängt davon ab, wie wir mit diesen betrunkenen Krokodilen umgehen. Wenn wir zulassen, dass sie gewinnen, dann bleiben wir da gedanklich bei denen. Wir geben denen die Schuld für alles. Wir handeln nicht, wir jammern und nörgeln. Wir bleiben auch negativ und wir kommen auch nicht weiter, weil wir verbrennen zu viel Energie damit. Er sagte: Die Kunst ist, einfach loszulassen. Ja, man ist verärgert, aber Schwamm drüber. Fokussiere dich einfach auf die Dinge, die du selbst bestimmen und beeinflussen kannst. Und diese betrunkenen Krokodile begleiten mich sehr häufig. Ob das auf der Autobahn ist, irgendeine Pappnase vor mir, der rast und unmöglich ist. Dann denke ich: Okay, ich kann mich aufregen, wütend bleiben auf diesem Fahrer oder ich kann einfach so. Ich gebe ihm Platz. Ich habe keine Lust darauf, das Leben ist zu kurz, um mich über diese Dinge aufzuregen. Es heißt nicht immer aufgeben und sagen: Okay, da mach ich nichts. Es ist eine sehr bewusste Entscheidung. Wo lohnt es sich zu kämpfen und was zu sagen, sich zu äußern, was zu handeln? Und wo lohnt es sich zu sagen: Schwamm rüber. Es ist blöd, aber ich kann es nicht ändern. Weiter. Und das dann auf die Dinge zu fokussieren, die wirklich wichtig sind im Leben.
FAMILIENGESCHICHTE UND HINTERGRUNDINFORMATIONEN, RESILINEZ
Heike Drexel: Und was ist wirklich wichtig im Leben? Im Grunde ja, vor allen Dingen erst mal Familie. Genau da möchte ich nämlich jetzt noch ein bisschen drauf hinaus. Du hast ja schon auch eine sehr aufregende Familiengeschichte, wo auch dieses Thema Mindset und Resilienz eine ganz, ganz große Rolle spielt. Kannst du uns dazu mal ein bisschen erzählen? Du bist ja in USA geboren, hast auch in Japan gelebt.
Whitney Breer: Ja, ich war zu groß für Japan. Ich bin 1 Meter 80 ohne Absätze, ich habe den Japanern wirklich einen Schreck eingejagt. Ich war zu groß für den öffentlichen Verkehr. Ich habe kaum in einen Bus gepasst, aber ich war erst mal in Deutschland, in Norddeutschland. Ich habe meine erste Wohnung in Jever gehabt. Naja, Ostfriesland ist schon anders. Sehr schön, aber anders. Ich habe an der Fachhochschule da oben unterrichtet und dann war ich in Japan, dann wieder hier und in vielen Ländern auch gearbeitet, aber irgendwann habe ich geheiratet. Ich habe auch dann Zwillinge bekommen und das war vor 24 Jahren. Auch ich Binsberg sind sie zur Welt gekommen und die sind fast zehn Wochen zu früh gekommen. Die haben knapp pro Kind nicht mal ein Kilo gewogen, einer hatte nur 700 Gramm. Und die, die Kinder haben, wissen, dass es verdammt klein. Es ist ein Wunder, dass sie das überlebt haben. Und ein Kind hatte durch die Frühgeburt eine Hirnblutung und war monatelang da im Krankenhaus, in der Amsterdamer Klinik in Köln. Beide waren Sauerstoffversorgt und Herzmonitor und alles mögliche. Und jetzt, der eine hat durch diese Frühgeburt, ist mehrfach schwerbehindert, sitzt im Rollstuhl und arbeitet bei der Werkstatt in Refrath. Und wohnt in betreuten Wohnen bei der AWO, hier in Untereschbach. Ich bin so dankbar für dieses System, was für Möglichkeiten Deutschland bietet. Das ist nicht selbstverständlich in vielen anderen Ländern, einfach das Gesundheitssystem. Gut, ich zahle viel dafür, aber ich kriege auch was für mein Kind und das Kind ist integriert. Sein Zwillingsbruder ist nicht geistig behindert, hat eine spastische Lähmung auf einer Seite, so körperbehindert. Studiert jetzt BWL an der Fachhochschule, wo ich ursprünglich in Deutschland unterrichtet habe. Jetzt ist er in Ostfriesland und nicht ich und macht auch sein Ding. Der Weg war damals auch hart. Du guckst Fernseher, siehst diese Werbung für glückliche Familien an, eine perfekte Mutter und denkst: So ist mein Leben nicht. Die Kinder hatten in den ersten zwei Jahren, pro Tag, sieben verschiedene Medikamente. Die hatten fünf Tage der Woche irgendeine Therapie. Und auch dafür bin ich dankbar für die Chancen, die es gibt, ob das Reittherapie ist, Logotherapie. Was für eine Therapie? Ich wusste nicht, bevor ich diese Kinder hatte, dass es so viele Therapien gibt. Auch integrative Kindertagesstätte und auch die Schule da in Rösrath, wo Joshua war, der nur körperbehindert ist, was für Möglichkeiten es gibt. Und ich habe sehr viele Menschen kennen gelernt und ich habe für mich als Mutter wirklich Geduld gelernt, Zuversicht gelernt. Ich habe ursprünglich Chemie studiert, glaubt kein Mensch, hatte im Nebenfach Genetik und habe auch in den USA an Forschung und Entwicklung gearbeitet. Durch diese Geburt habe ich viel für mich als Mutter getan. Bin ich im Bereich Psychologie, positive Psychologie, Kommunikation, Persönlichkeit. Ich habe auch Personal-Fitnesstrainer Ausbildungen gemacht, diesen Schein geholt, weil ich die Kinder durch Krankengymnastik unterstützt habe. Ich wollte wissen, wie heißen die ganzen Muskeln? Ich habe auch eine Ernährungsberatungsausbildung gemacht. Es ging nicht um Abnahmeberatung zu geben, aber so mich mit der Ernährung für die Kinder, das war, einer hat auch andere Probleme. So, man löse Probleme und für mich ich löse Probleme und packe die an, indem ich auch lerne. Und gut, das verstehe ich nicht, dann mache ich eine Ausbildung. Das verstehe ich nicht, dann lese ich ein Buch. So bin ich auch jetzt im Bereich Motivation Persönlichkeitsentwicklung, das Thema Resilienz. Und Wachstum nach einem Trauma, ist jetzt ein großes Thema, ist auch ein Teil meines Studiums. Ich promoviere jetzt auch in diesem Bereich. Wie wachsen Menschen über sich hinaus nach so ein Trauma?
Heike Drexel: Es ist spannend, glaube ich.
Whitney Breer: Es ist spannend. Ein Trauma muss nicht unbedingt eine Frühgeburt sein. Es war für viele Menschen ein Trauma, war auch in Lockdown Zeit, nicht nur mit Homeschooling. Das war auch ein Drama.
Heike Drexel: Ein Drama und ein Trauma.
Whitney Breer: Ja, es war alles da, aber auch für viele Menschen, die keine Kinder haben. Diese Maskenpflicht und Lockdown und diese Selbstbestimmung, Autonomie wurde für unsere Sicherheit dann erst mal weggenommen. Aber auch so, da lässt sich so diskutieren. Aber für mich aus guten Gründen und vielleicht, ich sehe das auch so, weil meine Kinder sind auch sehr empfindlich. Und besonders Noah im betreuten Wohnen, es gibt viele, die da nicht impfen lassen können. So Impfthema parken wir, aber es ist auch wichtig, finde ich, einfach das Ganze für die Gesellschaft zu sehen. Und das ist auch ein Trauma für viele. Diese Selbstverständlichkeit, Autonomie im Leben wurde weggenommen, gesetzlich weggenommen und viele waren am Boden. Die waren wirklich durch und haben Psychotherapie und Hilfe bekommen und sind immer noch dabei, ihr Leben wieder zusammenzupuzzeln. Wieder andere sind wieder aufgestanden und gehen weiter, aber wir gehen sehr unterschiedlich mit solchen Dingen um, aus verschiedenen Gründen, das ist klar.
Heike Drexel: Das ist ein zweites Podcast. Aber ich finde das unglaublich, von dem, was du so erzählst. Jetzt glaube ich, wenn du das nicht alles so gemacht hättest, also dir alles so beigebracht hättest und dich damit informiert hast und die ganzen Therapien, was glaubst du, wo würden deine Söhne heute stehen?
Whitney Breer: Ich weiß es nicht. Ich kann dir das nicht sagen. Ich weiß noch, wir haben immer Glück gehabt. Wir waren immer da und sehr positiv eingestellt. Und auch durch die Grundschule in Rösrath. Wir hatten dann seine Klassenlehrerin, die sagte: Joshua kann viel mehr. Es sollte viel mehr. Also diese Schule super, aber er kann jetzt mehr und sie hat uns begleitet, dass er eine IQ-Test bekommt und diesen das gemacht und nochmal ein Assessment. Und dann dürft ihr auf eine Realschule gehen und Realschulabschluss machen. Dann durfte er auf dem Gymnasium. Das hat nicht so gut geklappt und dann ging er auf eine weitere Schule und hat dieses andere Abitur bekommen. Fachabi, Fachabitur bekommen, sorry diese ganzen Schulsachen. Das habe ich noch nicht gemeistert, in Deutschland die ganzen Begriffe. Das hat er auch bekommen und jetzt darf er in der Fachhochschule studieren und das ist ja großartig. Und einfach diese Wege zu finden, für Kinder. Es heißt nicht für mich an Wunder zu glauben, es ist auch eine gewisse Akzeptanz. Das Thema ist ein betrunkenes Krokodil und du kannst es nicht schönreden. So schön, dass du-. Diese ganzen Ratschläge die du als Eltern bekommst, höre auf. Shut up, möchte ich nicht hören. Es ist einfach ein Paket Arbeit. Das heißt nicht, dass ich meine Kinder nicht liebe, aber es ist auch verdammt schwer, körperlich, geistig das alles zu meistern und positiv zu bleiben. Und zu jeden Arzttermin irgendwie-. So ein Arzt, der erste Kinderarzt, den haben wir schnell verlassen. Lass uns gucken, was Ihr Kind nicht kann, damit wir wissen, wo wir sind. Ich würde lieber testen, was mein Kind kann. Alleine diese Einstellung, so wie auch die richtige Ärztin zu finden, auch diesen Mut zu finden, das ist nicht richtig für mein Kind. Und manchmal ist zu viel Therapie, zu sagen: Stopp. Stopp hier damit, weil das ist einfach zu viel Stress für das Kind und das lassen wir. Und das ist einfach dann dieser Mut als Mutter oder als Vater diese Entscheidung zu treffen, zu sagen: Es reicht jetzt, es ist gut oder was weiß ich. Lass das Kind einfach ein Kind sein.
DER GUTE ZWECK UND SPENDENAUFRUF
Heike Drexel: Sehr schön. Ja, ich möchte jetzt zum Schluss, ja auf jeden Fall auch auf den Anlass noch hinweisen, warum wir uns ja auch heute hier getroffen haben. Gerade die Geschichte, die du jetzt von deinen Söhnen erzählt hast, du möchtest gerne die Schule unterstützen. Und es wird am, ich muss jetzt gerade noch mal schauen, am 25. Mai wird der Lions Club Rösrath dich einladen, als Top Speakerin im Schloss Eulenbruch. Dass du da einen Vortrag halten kannst zum Thema Stärker aus der Krise. Was du uns ja jetzt gerade auch geschildert hast, was du ja selber gelebt hast und viel Erfahrung weitergeben kannst. Und in dem Zusammenhang werden da eben die Erlöse dieser Veranstaltung zugunsten der Schule gehen.
Whitney Breer: Für den Spielplatz, es gibt für den Spielplatz draußen und dieser Spielplatz ist für Menschen, die keine behinderten Kinder haben. Einen Spielplatz für diese Schule ist anders, auch der Boden ist anders. Und es ist ja witzig, auf diesem Spielplatz mein Sohn Fahrradfahren gelernt, weil er konnte damals nicht auf eine Asphaltstraße. Er würde sich umbringen. Dieser Boden ist weich, es fängt ab und die Kinder stolpern, die fallen häufig hin. Das Gleichgewicht ist anders und die Geräte sind sauteuer. Die sind anders gebaut für Kinder mit Behinderung und das Geld geht dahin. Und diese Möglichkeit für die Kinder, einfach ein Kind zu sein, zu spielen, das habe ich auch vorhin gemeint, manchmal lassen wir einfach los. Das Kind darf auch spielen und muss nicht jeden Tag in Therapie gehen. Und dieser Spielplatz macht so was möglich. Und was die Kinder natürlich nicht zu Hause haben.
ABSCHLUSSFRAGE
Heike Drexel: Wunderbar, das werde ich auch in den Shownotes verlinken. Also gerade auch noch mal die Kontaktdaten zu dem Förderverein. Der Lions Club Rösrath, die das dann eben weiterleiten an die Schule, für diese Veranstaltung und eben deine Kontaktdaten werde ich auch in die Shownotes schreiben. Und zum Abschluss unseres Gesprächs habe ich immer noch eine Frage, die ich immer meinen Gästen und Gästinnen stelle. Meine treuen Zuhörer wissen das schon, und zwar die Frage ist, was würdest du mit fünf Millionen Euro tun, wenn du die im Lotto gewinnst? Du darfst jetzt auch noch was anderes sagen, außer jetzt dafür spenden, was jetzt natürlich naheliegen würde in dem Zusammenhang.
Whitney Breer: Es ja witzig. Ich würde wahrscheinlich erstmal meine Nichte und Neffen, die in den USA wohnen, erstmal das Studium an der Uni bezahlen. Viele Deutsche so: Studiengebühren? Studiengebühren für einen Bachelor-Abschluss liegen bei ab 130.000 Dollar pro Studiengebühren. Und ich habe sieben Nichten und Neffen, die jetzt alle studieren. Der Durchschnittsamerikaner, wenn er oder sie fertig ist, nur mit dem Bachelor, hat Schulden im Wert von 80.000 US-Dollar. Also starten sie ihr Leben und wir reden nicht von Masters und Doktorarbeit. Ich würde für Bildung sorgen. Ich würde auch eine Charity in Südamerika, wo ich auf Instagram bin. Die geben so Jobs und schaffen Arbeit für Menschen. Und ich würde wahrscheinlich auch, meine Mutter hat Dimmens, dass ist das nächste was auf mich zukommt. Ich würde dafür sorgen, dass sie wirklich die Pflege und die Hilfe bekommt. Sie sind versichert, aber in den USA ist es einfach teuer und ich würde wahrscheinlich weniger Konfliktmediation machen. Und ein bisschen mehr schreiben und das tun, was mir wirklich Freude macht. Es macht mir eine Freude, auch Menschen zu begleiten. Ich finde manche Themen denke ich: Puh, das ist schon-. Möchte ich nicht mit 70 machen. So, von daher diese fünf Millionen würde zum Teil für Bildung fließen. Auch dafür sorgen, dass mein Sohn, der jetzt betreutes Wohnen hat, auch für die Zukunft, wenn ich nicht mehr hier bin oder sein Vater nicht mehr hier ist, dass er auch betreut ist, dass er die Hilfe bekommt, die Sachen hat, die er braucht. Ja, dann ist das Geld schnell weg.
Heike Drexel: Ja. das stimmt. Liebe Whitney, ich danke dir sehr, sehr herzlich für dieses Gespräch. Es war echt wunderbar und ich finde, es waren total viele interessante Geschichten und Tipps dabei.
Whitney Breer: Danke für die Einladung.
Heike Drexel: Ganz herzlichen Dank.
Whitney Breer: Ja, ich freue mich auf den 25. Mai, dass wir auch was an diese Schule zurückgeben dürfen. Sie haben wirklich das Leben von meinem Sohn und letztendlich uns als Familie positiv beeinflusst. Da wo er jetzt ist im Leben, hätte er nie geschafft ohne diese Meilensteine durch die Schule. Das ist so.
Heike Drexel: Ja, Super. Danke dir. Und tschüss.
Whitney Breer: Tschüss.